Sonntag, 27. Dezember 2009

Xmas-Dankeschön

Während der Weihnachtszeit und dem bevorstehenden Jahreswechsel erinnere ich mich daran, wie ich an Weihnachten 2006 dem geröteten Fleck auf meiner linken Brust die nötige Aufmerksamkeit schenkte. Er entpuppte sich schliesslich Anfang 2007 als BRUSTkrebs. (Blog: "Vor zwei Jahren") Heute sind seit meiner Erkrankung bereits drei Jahre vergangen. Ein Leben mit ups and downs. Ich habe inzwischen mit und (oder trotz) Krankheit vieles erlebt. Mein Leitmotiv "Träume leben und nicht aufschieben" konnten mein Mann und ich u.a. in einer Reise nach Japan verwirklichen. Das macht mich stolz und glücklich!

Nicht minder stolz und glücklich bin ich darüber, meinen Liebsten an meiner Seite zu haben, der mich in vieler meiner Bestrebungen und Unternehmungen tatkräftig unterstützt und bekräftigt.
Und was täte ich ohne meine FreundInnen und BRUST-freundinnen? Sie sind für mich von unschätzbaren Wert und beflügeln mich immer wieder von Neuem, sei es in gemeinsamen Gesprächen oder Unternehmungen. "Meine" Ärztinnen und Pflegefachfrauen geben mir den nötigen medizinischen Halt.
Alle verdienen ein Xmas-Dankeschön!

Ich hoffe, dass ich mit meiner Willenskraft und der Unterstützung all jener, die treu an meiner Seite stehen, noch lange mit Krebs eine wunderbare Zukunft haben werde.
 
Die Zukunft in der Nudelsuppe lesen, Japan 2009
Foto: Beat Zgraggen







Sonntag, 20. Dezember 2009

Wallungen

Es ist kaum eine Woche her seit ich mit der abendlichen Einnahme von Fermara® begonnen habe und schon kriege ich wieder vermehrt meine vertrauten nächtlichen Wallungen und Schlafstörungen. Mitten in der Nacht erwache ich durchgeschwitzt und es scheint mir, dass aus jeder meiner einzelnen Pore unendlich viel Wärme strömt. Reflexartig schlage ich dann jeweils die Decke zurück um mir die nötige Kühlung zu verschaffen. Doch kaum hat sich meine Körpertemperatur abgekühlt, kräuselt sich meine Hautoberfläche zu "Hühnerhaut" und mir ist fürchterlich kalt. Dann ziehe ich mir die Daunendecke wieder bis über beide Ohren um mich wieder aufzuwärmen zu können. Dieses Wechselspiel von Warm zu Kalt kann sich während einer Nacht noch ein- bis zweimal wiederholen.
Am Morgen fühle ich mich schlaff, mich wundert das nicht! Zudem schmerzen meine Knochen und ich habe das Gefühl, ich müsste jedem einzelnen Knochen erst Öl ins Getriebe leeren, um "leichtfüssig" aus dem Bett steigen zu können.
Während des Tages erlebe ich das Wechselspiel der Wallungen meist in umgekehrter Reihenfolge von Kalt zu Warm. In diesem Fall ziehe ich mir Schicht um Schicht über, bis mir plötzlich unheimlich warm wird und sich in meinen Körper ein neuer Hitzeschub ankündigt, der mich blitzartig meine Schichten wieder entledigen lässt...
 
Foto: P. Rist






Sonntag, 13. Dezember 2009

Schön, ich bin wieder da!

Letzten Sonntag am ersten Advent war der Himmel grau, ein Tag um zu verhängen. Gemeinsam mit Freundin M. sinnieren wir einen Nachmittag lang bei einem Grüntee über dies und das und erzählen von unserer Japanreise. Dabei vergeht die Zeit im Fluge.
Als mein Liebster und ich schliesslich in Richtung Neumarkt ("Theater fürs Establishment") aufbrechen, sind wir bereits zu spät, um pünktlich in die Vorstellung "Sterben lernen!— Herr Andersen stirbt in 60 Minuten" von Christoph Schlingensief zu gelangen. Aber wir haben Glück und können uns noch kurz vor dem Kunsthaus der feierlich-andächtigen Prozession von Akteuren und Publikum anschliessen, die sich in Richtung Schauspielhaus bewegt.
Es wird ein intensiver Theaterabend, trotz verpasstem ersten Teil. Schlingensief konfrontiert uns mit philosophischen und eigenen Zitaten zum Thema "Sterben lernen", mit stimmigen Szenen, Bildern und Tönen. Der (krebskranke) Regisseur sprüht vor Energie inmitten seiner Akteure und seiner Inszenierung, brillant. Ich tauche ab und ein — mit meinem Gehör und meinen Augen!
Nach der Vorstellung bin ich unendlich glücklich und begeistert. Ich fühle und denke mir: "Schön, ich bin wieder da! Jetzt, in diesem Moment!"
Denn mein Körper hat für einmal wieder Pause, Chemotherapiepause, und erholt sich tagtäglich und lässt mich wieder mit Energie und Ausdauer am Leben teilhaben.

In dieser Woche fügte sich eine Perle zur anderen. Der schöne Nachmittag, der Besuch im Theater, ein neues Arbeitsprojekt, gemütliche Abende mit FreundInnen, und letztendlich bin ich heute den Silvesterlauf 2009 gelaufen...
Der verloren gegangene Zustand von Normalität kehrt in mein Leben zurück. Festhalten will ich sie, diese Glücksmomente — und hoffe, dass sie mir noch lange erhalten bleiben...






Sonntag, 6. Dezember 2009

Wie heisst denn du?

Diese Woche halte ich eine kleine Packung des Medikamentes Femara® Letrozol (Aromatasehemmer) in den Händen, die ich äusserst genau studiere. (Wobei ich erwähnen möchte, dass ich den Beipackzettel, wegen der Nebenwirkungen vorerst bewusst ignoriere. Es geht mal nur um Äusseres!)
Nun, die Verpackung von Femara® Letrozol ist: pink, rosa, weiss, aubergine. Optisch und farblich also eindeutig weiblich kodiert, für meinen Geschmack aber eher altbacken.
Genau so altbacken kommt der Schriftzug im Retrodesign der Fünfzigerjahre daher: Poesiealbum-Ästhetik lässt grüssen.
Mit der im Schriftzug integrierten rosa "Pink Ribbon"-Schleife ist zumindest zweifellos klar, dass die Zielgruppe der Brustkrebspatienten gemeint ist. Das "Pink Ribbon" ist aber mehr als "nur" eine rosa Schleife. Es ist das internationale Zeichen der Solidarität mit Brustkrebspatientinnen und Ausdruck der Hoffnung auf Heilung. Dieser Symbolkraft bedienen sich nun auch die Werbestrategen der Herstellerfirma Novartis, indem sie das Anfangs-f als rosa Schleife gestalten. Hoffnung mit Femara® Letrozol!

Betrachte ich das Wort "Femara", erkenne ich unschwer die Abkürzung Fem = feminin, weiblich. Aber was hat es mit dem zweiten Wortteil "ara" auf sich?
Ist "ara" eine neues Kürzel für Aromatasehemmer? Oder ein Kürzel für einen bestimmten Wirkstoff? Vielleicht gar ein Hinweis für auf die Farbe der Filmtabletten? Gelbbrustara, der Papagei mit der gelben Brust, denn gelb sind auch die Tabletten...
Nein, ich werde nicht vollumfänglich schlau aus dem Namen Femara®. Aber trotzdem klingt er weiblich (die Endung a)!

Jetzt aber doch zu den Nebenwirkung: Weil es bei der Einnahme von Femara® oft zu Gelenkschmerzen kommen kann, haben mir meine Ärztinnen vorgeschlagen mit der Therapie erst in einer Woche zu beginnen. Nachdem ich den Silvesterlauf in Zürich gelaufen bin - also ohne "Nichtsteroidaler Aromatasehemmer".






Sonntag, 29. November 2009

Forschen im Internetwald

Von einer über sechs Monate andauernden Chemotherapie wurde mir am Montag die letzte Taxol-Weekly verabreicht. Schon wieder habe ich einen Meilenstein gut hinter mich gebracht. Ich freue mich darüber und blicke zuversichtlich in die Zukunft. Frau Dr. H., "meine" Onkologin, erläuterte mir ein weiteres Mal, wie die Behandlung meiner Krankheit bis auf weiteres und in der nahen Zukunft aussehen könnte. Ich bat sie mir die Namen der genannten Medikamente, sowie deren Kombinationsmöglichkeiten auf einen Zettel aufzuschreiben, zu Hause würde ich dann in aller Ruhe gerne nachlesen, was diese Medikamente gemäss Hersteller bewirken können.
So forschte ich während der letzten Woche im Internet über wohlklingende Medikamentennamen wie Femara® oder Arimidex® (Aromatasehemmer), Tyverb® (Lapatinib) und Xeloda® (Capecitabin) nach.
Diesen Medikamenten ist eines gemein: sie sind oral einzunehmen. Das ist erfreulich, denn das heisst für mich weniger Krankenhausbesuche und somit mehr Unabhängigkeit im Alltag mit Krebs! Nebenwirkungen? Die sind wie immer bei Medikamentenbeschreibungen ziemlich beängstigend, weil jede nur erdenklich, auftretende Nebenwirkung aufgelistet wird.

Deshalb vielleicht träumte mir während dieser Woche, dass ich meine Haare wie ein Toupet vom Kopf ziehen konnte...Normaler Schnupfen, Japan 2009


 


 

Sonntag, 22. November 2009

Poch poch poch

Letzten Montag erfuhr ich von meinen ÄrztInnen, dass sich mein Tumormarker während meiner Reise in Japan wieder nach oben bewegt hat. Ich war erstaunt, wie schnell er sich ohne Chemotherapie wieder nach oben bewegt hat. Meine Krebszellen sind richtig umtriebig und aktiv. Wir alle sind auf der Lauer! Aber erst einmal schieben wir den schlechten TM-Befund dem Neumond, meinem Erschöpfungszustand von letzter Woche und den möglichen Unregelmässigkeiten bei der Laboruntersuchung in die Schuhe... Falls sich der TM aber weiterhin nach oben bewegen wird, stehen mir laut "meiner" Onkologin Frau H. noch einige Medikamente zur Verfügung, die zur Beruhigung und Stabilisierung meines Krankheitsverlaufes beitragen könnten. Glücklicherweise! Nebst Medikamenten wie Herceptin und Zometa, die ich weiterhin in regelmässigen Abständen erhalte, werde ich nach der abgeschlossenen Chemotherapie mit Hormonblockern (Aromatase-hemmer) und der Dreimonatsspritze (Hormondepot) therapiert. Abwarten, wie sich mein Krankheitsverlauf weiterentwickeln wird ansonsten kämen noch andere Therapiemöglichkeiten in Frage...
Es wird ein schrittweises, auf mich abgestimmtes Vorgehen sein. Wieder einmal wird mir dabei schmerzlich bewusst, dass es für mich kein Leben gibt ohne Medikamente — je länger mein Leben, je mehr Medikamente!


Das Herzecho, ein wiederkehrendes, dr
eimonatliches notwendiges Ritual, das über die Befindlichkeit meines Herzen unter der medikamentösen Behandlung Auskunft gibt, stand ebenso auf meinem Programm.
Nach der Chemotherapie begab ich mich also in die Kardiologie des Stadtspitals Triemli. Doktor A., der das Herzecho machte, versicherte mir, dass ich eine unveränderte, ausserordentlich gute Herzaktivität hätte. Was für ein Glück, denn solange mir mein Herz unter der medikamentösen Behandlung seinen Dienst nicht versagt, ist noch vieles möglich...

Im Verlaufe des Herzechos kommen wir auf den Laufsport zu sprechen. Dr A. outet sich ebenso als Läufer. Wir unterhalten uns über Gedanken während eines Laufes und das allgemeine Wohlbefinden nach der körperlichen Anstrengung. Ganz nebenbei fragte er mich als "Expertin", die ich bereits einen Marathon hinter mir habe, was man eigentlich während der 42 km so denke!? Nun, ich rannte gedankenleer von Kilometer zu Kilometer bis ans Ziel!
Poch poch poch, es geht immer weiter.Herzecho, Triemli November 2009






Donnerstag, 19. November 2009

Nacktmull sollte man sein

Gerade hübsch sieht er ja nicht aus, der Nacktmull (Heterocephalus glaber)! Aber die Tatsache, dass ein Nacktmull offenbar nie an Krebs erkrankt, erscheint mir in meinem Fall unbestechlich beneidenswert zu sein.
Sollte ich die Möglichkeit haben wiedergeboren zu werden, dann als Nacktmull mit "doppeltem Sicherungssystem" gegen Krebs...

Frankfurter Allgemeine, 18.11.09







Sonntag, 15. November 2009

Alltag

Nach 10 Tagen hat mich das Alltagsleben wieder. Meinen Erschöpfungszustand mit Magenverstimmung und die Nebenwirkungen meiner am Montag erhaltenen Chemo habe ich mit ausgiebigem Schlafen bis Ende dieser Woche einigermassen überwunden.

Das Sozialleben findet wieder statt, über Mail, mit dem Telefon. Oder ich verbringe einen Nachmittag mit einer Freundin bei einem Latte im nahegelegenen Café, um mich mit ihr über dies und das aus den vergangenen Wochen auszutauschen...

Zum "normalen Alltag" gehört jetzt auch wieder mein Lauftraining. Nach Wochen ohne Rennen ist meine Beinmuskulatur und mein Körper rennfaul geworden und sie lassen mich dies mit jedem Schritt schmerzlich spüren. Mit Muskelkater beginne ich meine Form bei herbstlicher Stimmung wieder aufzubauen.

Auch der Gang zum Briefkasten ist ein Alltagsritual, das ich nun wieder tagtäglich erledige. Rechnungen, Postkarten, Zeitungen. Und Bittbriefe.
Wie immer vor Weihnachten buhlen viele karitative Organisationen mit Karten, Kalender, Windlichter und dergleichen um Aufmerksamkeit. So lag diese Woche ein an mich adressiertes Schreiben der schweizerischen Krebsforschung im Briefkasten. Mit dem Zitat "Ich werde nicht aufgeben, bis ich Metastasen stoppen kann." ruft die Krebsforscherin Melody Swartz zu einem Unterstützungsbeitrag auf. Als ich das lese, geht mir durch den Kopf: Tja, auch ich gebe nicht auf. Ein wenig amüsiert bin ich dann aber schon, dass ein solches Schreiben an mich als Betroffene gerichtet ist. Wie meine Daten in der Kartei der Krebsforschung gelangen konnten ist mir schleierhaft, aber man hinterlässt überall Spuren...
Apropos Spuren: die Krebsforscherin M.S. ist kein Werbegag, wie ich zuerst vermutet habe. Sie ist real und existiert, Google sei Dank! Auch die krebeskranke Bloggerin I.G. ist echt. In diesem Sinne normaler Alltag, eben!
 
Pink Ribbon, Tokyo Oktober 2009






Sonntag, 8. November 2009

Somewhere Over the Rainbow

Nach vier Reisewochen bin ich nun wieder zu Hause.
Die Magenverstimmung vom letzten Sonntag ist mehr als hartnäckig. Während der dreizehnstündigen Flugreise von Tokyo nach Zürich verhielt sie sich aber glücklicherweise ruhig. Doch einige Stunden nach meiner Ankunft hielt ich mich schliesslich würgend an der Kloschüssel fest.
Meinem Magen schien das Ende der Reise nicht gut zu bekommen. Auch am Tag nach der Ankunft hielt ich meinen Kopf wieder über die Kloschüssel.
Sind es die Schmerztabletten, die Hormonblocker? Ist es das ungewohnte Essen (dann hätte ich aber schon zu Beginn der Reise...)? Sind es meine lästigen Krebszellen?
Ich bin mir sicher, dass es sich nur um einen Erschöpfungszustand meines Körpers handeln kann und ich mich nach einer Erholungsphase bald wieder besser fühlen werde. Nach vier Wochen habe ich die Grenzen meiner körperlichen Leistungsfähigkeit erreicht. Immer noch freue ich mich trotz Magenverstimmung und vermehrten Rückenschmerzen über jeden Moment dieser wunderbaren Reise, eine Zeit ohne Krankenhaustermin. Keine einzelne Sekunde, Minute, Stunde und keinen Tag möchte ich missen.
Ich hoffe, dass ich alle diese schönen Momente in schlechten Zeiten abrufen kann, um mich daran zu erfreuen und zu stärken.
Nach einer fünfwöchigen Krankenhauspause beginnt nun am Montag für mich wieder der Therapiealltag, der mir hoffentlich wie bisher eine gute Lebensqualität beschert...

An dieser Stelle THANKS für die vielen Willkommens-SMS und Telefonanrufe. Es hat mich sehr gefreut, liebe Freunde!






Sonntag, 1. November 2009

Akku leer

Nach drei Reisewochen fühle ich mich erstmals körperlich erschöpft. Mein Zustand lässt sich so beschreiben: Ich mag weder vorwärts noch rückwärts gehen.
Mein Akku steht auf rot und muss unbedingt neu aufgeladen werden. So verbringe ich unseren letzten Sonntag in Japan mit einer schnupfenden Nase, einem hartnäckigen Husten und einer Magenverstimmung im Bett. Mein Liebster versorgt mich mit mit Fruchtjoghurt, Bananen und Birnen, auf die ich einzig Appetit habe (wenn überhaupt). Ich hoffe, dass sich mein Akku bis morgen wieder aufgeladen hat. Denn dann reisen wir vom regnerischen Osaka weiter nach Tokyo, wo wir vor unserer Rückreise noch drei Tage verbringen werden.
Sayonara, itensai!






Samstag, 24. Oktober 2009

Von Bridgestone to Onsen

Halbzeit in Japan!
Wir fahren in den komfortablen Zügen der JR von einem Ort zum andern. Laufen Kilometer um Kilometer durch Japans Strassen.
Augenfutter! Und manchmal landen wir in einer Stadt "inmitten von nix". Wäre da nicht eine Eingeborene, die sich den vermeintlich verirrten Touristen an einem Fussgängerstreifen annimmt und ihnen kichernd, auf japanisch gestikulierend einige Erdnussdrops schenkt.
Es sind die unscheinbaren kleinen Dinge, an denen wir uns erfreuen. Dieser Abstecher nach Kurume (Herkunft der Bridgeston-Pneus) wird uns bestimmt in Erinnerung bleiben.

Reisen macht müde und so gönnen wir eine Auszeit auf dem Land. Zwei Tage entspannen beim "Onsen", dem Baden in heissen Quellen. Im Sanga Ryokan in Kurokawa Onsen werden wir zuerst neu eingekleidet. Fortan bewegen wir uns in einer Yukata und mit Holz- und Strohschuhen. Wir lassen uns kulinarisch verwöhnen und geniessen die heisse Quelle im eigenen Steinbad.
Obwohl mir in Japan die Menschen sehr umsichtig und diskret begegnen, hält mich meine Einbusigkeit davon ab im Frauenbad zu baden. Ich fühle mich unsicher und gehemmt. Darum bin ich sehr glücklich, dass wir uns den Luxus eines "private bath" gegönnt haben.






Sonntag, 18. Oktober 2009

Lost in Translation

Arigato gozaimasu = vielen Dank:
Es geht mir gut und wenn es mir mal nicht so gut geht bin ich mit meinen kleinen Pillen bestens bedient!
konichiwa = guten Nachmittag:
Die Zeit vergeht im Fluge und nach einer wunderbaren Woche in Kyoto befinden wir uns seit Samstag in Hiroshima.
Konbanwa = guten Abend:
Das sind einige wenige japanische Worte, die sich nach zwei Wochen langsam in meinem Gedächtnis einbrennen. Grösstenteils nehme ich die Sprache aber als unverständliche Silben wahr.
Wir schlagen uns mit Englisch oder Zürichdeutsch bestens durch das japanische Alltagsleben. Hauptsache aber: immer schön lächeln und offen bleiben...
Ein bisschen "Lost in Translation", eben!
Und wenn die Kommunikation mal nicht funktioniert helfen wir uns mit Papier und Bleistift und machen eine kleine Zeichnung. Das funktioniert ausgezeichnet im Land der vielen Zeichen!
Sayonara, itensai!
Auf Wiedersehen, bis später!






Dienstag, 13. Oktober 2009

Tokyo

Viel in der U-Bahn unterwegs. Stille, kein Drängeln beim Einsteigen. Die Köpfe stecken über den Mobildisplays oder es wird mit Vorliebe während der Fahrt geschlafen. Nur die Stimme aus dem Off, die sich bedankt und die nächste Station ankündigt...
So ruhig mir hier die Menschen in gewissen Situationen auch erscheinen der Soundpegel in den Geschäften ist schrill, laut und manchmal werden die Gehörgänge arg strapaziert! Freundlich, schrill und farbig ist das Leben in Tokyo. Obwohl wir kein Japanisch verstehen und viele JapanerInnen, wenn überhaupt, nur wenig Englisch sprechen, begegnen wir uns gegenseitig offenherzig.

Dann kommt Taifun Melor und lässt die Tokyoterinnen farbige Gummistiefel tragen. Transparente und andere Schirme prägen das Stadtbild.
Bevor man ein Geschäft betritt stülpt man dem Schirm eine Plastikhülle über. Manchmal erledigen das auch sonderbare Maschinen für die Schirmbesitzer.
Man kann den Schirm aber auch sorglos im Schirmständer oder in einem Schirmschliessfach deponieren — der Schirm wartet an Ort und Stelle auf seine Besitzerin.

Der Taifun beschert uns eine unfreiwillige Reiseplanänderung. Kamakura ist wegen des Taifuns mit dem Zug nicht errreichbar. Der grosse Buddha von Kamakura, genannt Daibutsu, will uns an diesem Tag einfach nicht empfangen, wie mein Liebster meint...
So sitzen wir mit vielen (schlafenden) JapanerInnen im stehenden Zug. Auf dem Bahnsteig geschäftig umher zirkulierende Zugsbegleiter, aus den Lautsprechern für uns unverständliche wiederkehrende Durchsagen – Stillstand. Wir warten weiter.


Am nächsten Tag strahlender Sonnenschein. Jetzt sind wir bereit für den Daibatsu und die vielen Tempel und Schreine!







Sonntag, 4. Oktober 2009

Nimotsu*

Die kleinen Berge von Unerledigtem sind nun abgetragen. Die Reiseutensilien sind in unserem Gepäck verstaut. Wir reisen im XS Format: je ein kleines Handgepäck und je ein kleines Gepäckstück zum Aufgeben. Eigentlich könnte unsere Reise bereits heute schon beginnen.
In meinem Atelier gibt es neuen Freiraum: leere Tischflächen, die von unseren beiden Katzen genüsslich in Beschlag genommen werden. Da und dort (aber immer woanders) erheben sich pelzige, atmende Berge. Selbst der Abfalleimer wird okkupiert. Frei nach dem Motto: Ist die Katze aus dem Haus, tanzen die Mäuse..
.

So bleibt uns heute noch viel Zeit, um mit M. zusammen im Piazza am Idaplatz ein letztes Mal einen Latte Macchiato zu schlürfen und in die herbstliche Sonne zu blinzeln.
Unserer Freudin M., die während unserer Abwesenheit zusammen mit unseren Katzen in unserer Wohnung leben wird, schon vorab vielen Dank oder eben auf japanisch arigatô gozaimasu!

Nur ein Berg wäre noch zu erwähnen, der irgendwo ziellos als Sorge in meinem Kopf umherirrt:
Der Buchstabenberg, abgefasst in einem Bericht mit Sichtweisen und Deutungen des CTs und des Röntgens von letzter Woche. Dieser Bericht spricht teilweise eine andere Sprache als der "unspezifische" sinkende Tumormarker! So trage ich den Bericht huckepack mit mir herum und halte mich aber an den guten Werten des Tumor Markers fest und hoffe, dass die in Japan neu gewonnenen Eindrücke "meinen Berg" vorübergehend im Dunstkreis von Zeit und Reisefreude verblassen lässt... Nächstes Mal aus Tokyo!

 
*Gepäck






Sonntag, 27. September 2009

Berge

In meinem Atelier türmen sich inzwischen kleine Berge verschiedener Reiseutensilien zu einer imposanten Landschaft auf. Berge werden bestiegen oder man fährt durch sie hindurch. Es gibt Berge von Unerledigtem. Grosse und kleine Sorgen können sich imposant auftürmen und lassen ganze Gebirgszüge im Leben eines jeden Menschen entstehen. Vor unserer Japanreise sind es kleine Papierhügel des Unerledigten, welche noch unbedingt abgetragen werden müssen. Da stellt sich natürlich die Frage, ob ich dies nicht schon vor Wochen hätte erledigen können? Nein, denn da hatte ich noch alle Zeit dieser Welt um es zu erledigen. So habe ich diese „kleinen Hügel“ immer wieder aufs Neue von einer Tischkante zur andern geschoben... Jetzt sind es Berge.

Und dann rückt der Reisetermin von Tag zu Tag näher und ich entwickle einen Aktivismus um die Berge effizient abzutragen. Auch aus Vorfreude. Da wird das unverhoffte CT und das Röntgen vom Donnerstag zu einer Nebensache, die ich by the way über mich ergehen lasse. Es mag kommen, was will – auf die Reise gehen wir ja so oder so... 

Japanische Landschaft Nr.1 mit Blick auf Urirotstock, 27. September 2009
Foto: B. Zgraggen




 



Sonntag, 20. September 2009

Un ga ii desu ne!*

Wegen mangelnder Platzkapazität wurde meine Chemotherapie von dieser Woche vom Montag auf den Mittwochnachmittag verschoben.
Das “unerwartete Glück“ nahm seinen Anfang im Pflegefachfrauen-Zimmer bei Frau A. L., wo ich als erstes jeweils auf die Waage stehe und heute erkennen muss, wie ich von Mal zu Mal in kleinen Schritten an Gewicht zulege. Das kann doch wohl nicht alleine an meinem ungestillten Erdbeerkonsum liegen? Danach wird mir der Blutdruck gemessen. Normalerweise bleibt jeweils nicht viel Zeit für ein Gespräch. Aber an diesem Nachmittag sitzen wir uns am Arbeitstisch gegenüber und unterhalten uns über dies und das. Keine Hektik auf der Station F? Es scheint, als ticke die Spitaluhr für einmal ganz anders.

Auch die Ärzte Frau Dr. H. P. und Prof. H. H. nehmen sich Zeit für ihre Patientin. Folglich beschert mir die genaue Betreuung durch die beiden noch ein CT und ein Röntgen vor unserer Abreise nach Japan. Das kann mir eigentlich nur Recht sein. Die Werte des “unspezifischen“ TM sind zwar erfreulich, aber wie sieht es inzwischen mit meinen Knochen und meinem Leberfleck aus? Zeigt die Therapie ihre erwartete Wirkung?

Nebst den medizinischen Belangen haben wir uns auch über viel Persönliches unterhalten. Zum Beispiel über Gemeinsamkeiten wie das Rennen. Prof. H läuft seit einiger Zeit dreimal wöchentlich seine 18 km und nimmt dieses Wochenende am Greifenseelauf teil. Neid!! Ich kann im Moment nur von langen Strecken träumen und laufe im Schneckentempo meine 6 bis 8 km. Frau Dr. P läuft jeweils Kurzstrecken von 6 km. Eines ist uns aber allen gemein: die Endorphine fahren bei langen, wie auch bei kurzen Strecken ein.

Solche Arztgespräche, in denen sich das medizinische und persönliche ineinander verquicken, mag ich sehr. Ein bisschen Smalltalk gehört für mich zu einem professionell geführten Arztgespräch. Aber bedauerlicherweise verfügen noch lange nicht alle ÄrztInnen über die Begabung und die Routine, mit ihren Patienten ein gutes Gespräch zu führen. Es ist mir bewusst, dass im Spitalalltag für längere Gespräche meistens die nötige Zeit fehlt und Effizienz gefragt ist. Mir persönlich sind aber die kurzen “Abfertigungsgespräche“ ein Gräuel. In solchen Momenten verlasse ich jeweils das Besprechungszimmer wie ein begossener, verunsicherter Pudel...

Aber manchmal hat man eben so ein Glück, wie an diesem Mittwoch, als meine medizinischen Fixsterne zum Wohle ihrer Patientin das Zeitmanagement in die Wüste geschickt haben...
 
*So ein Glück






Sonntag, 13. September 2009

Konnichiwa

In der vergangenen, chemofreien Woche erholte ich mich gut und widmete mich u.a. unserem gemeinsamen Reisetraum, der von Tag zu Tag näher rückt. Virtuell bereiste ich wie schon einige Male zuvor „das Land der aufgehenden Sonne“. Das ist nicht immer einfach, denn ich verstehe kein Japanisch, und wenn überhaupt vielleicht nur die paar Worte, die man in jedem Reiseführer finden kann. Japans verschiedene Schriftarten haben unterschiedliche Funktionen und werden in Alltagstexten parallel verwendet.
Bestimmt werde ich in diesem Leben als vergessliche Chemotherapiepatientin nicht mehr Japanisch lernen. Aber wer weiss, vielleicht komme ich ja in einem anderen Leben als Japanerin zur Welt?
Es ist seltsam, nicht zu wissen wie man seinen eigenen Namen (jp. namae) schreibt und ausspricht. So haben wir
eine Bekannte, die Japanerin ist, darum gebeten, unsere Namen und unsere Berufe in Japanisch aufzuschreiben. Damit ich diese in unsere eigens von mir für die Reise entworfenen Visitenkarten (jp. Mishi) übernehmen kann.
Mein Vorname und Name schreibt sich so: イレ
ーヌ・ガッティカー

Aus den Büchern entnehme ich, dass das soziale Verhalten in Japan sich in sehr vielen Punkten von unserem unterscheidet. So erfolgt die Übergabe einer Mishi mit beiden Händen und anschliessendem Verbeugen. Es scheint mir unvermeidlich, dass wir Ausländer (jp. Ganijin) während unserer Reise durch Japan in unzählige Fettnäpfchen treten werden, was unsere Vorfreude aber keinesfalls mindert!
 
Japan-netsu...






Sonntag, 6. September 2009

Schmerzen

Es gibt Tage, die sind ziemlich anstrengend. Dann, wenn körperliche und seelische Schmerzen meinen Tagesablauf bestimmen. Heute war wieder einmal ein solcher Tag, an dem ich mit Schmerzen aufgewacht bin. In den Knochen lodert der Schmerz in kleinen Intervallen auf und breitet sich dann aus. Wie sich meine Schmerzen ausbreiten, lässt sich auf eine wunderbare Art und Weise visuell nachvollziehen: Indem man beide Augen fest zusammenkneift und verfolgt, wie sich die farbenen Flecken aus der Finsternis ausdehnen und zurückbilden, um sich erneut zu formieren und auszubreiten...
Der körperliche Schmerz ist ein ständiges Kommen und Gehen. Mit Schmerzmitteln versuche ich diesen zu unterdrücken, was nicht immer gelingt. Dann fühle ich mich wie heute ziemlich mies, machtlos und ferngesteuert.
Je länger meine Chemotherapie andauert, umso mehr habe ich das Gefühl, körperlich reduziert leistungsfähig zu sein. In meinen Beinen steckt die Müdigkeit wie Blei. Mein Kopf hingegen denkt und lenkt ohne Müdigkeit. So absolviere ich weiterhin kleine Lauftrainings. Abwechslungsweise mal joggend, mal gehend. Heute war ich mit meinem Mann zusammen unterwegs. Er passt sich liebevoll meinem Schneckentempo an und ist im richtigen Moment mein unersetzlicher Motivator!
Am diesjährigen Greifenseelauf werde ich vernünftigerweise nicht teilnehmen. Natürlich trifft das mein Ego – und meine Seele – aufs schmerzlichste, wenn ich an meine Glanzleistung vom vergangenen Jahr zurückdenke!
Bestimmt sieht nächsten Sonntag aber alles wieder ganz anders aus. Denn ich hoffe, dass ich nach einer chemofreien Woche erholt und mit weniger Schmerzen am bloggen bin!

Wenn Bob Dylan seine Stimme einem Satelliten-Navigationssystem leihen wird, stellt er sich seine Anweisungen so vor: „Bei der nächsten Strasse links. Nein, rechts. Weisst du was? Fahr einfach gerade aus.“ Solche Anweisungen würden meinen Schmerzen bestimmt gefallen...






Sonntag, 30. August 2009

Purpurbunt

Sie erinnern sich vielleicht an meinen Blog „Der Himmel ist purpur“? Meine Arbeit, die ich dabei erwähnte, ist nun fertig: Für die Künstlerin Pippilotti Rist gestaltete ich zwei Bildtapeten. Sie hängen jetzt an den Wänden der Galerie Hauser&Wirth in Zürich. Diese Ausstellung ist eine Gelegenheit in den Farbreigen von Pipilotti Rist einzutauchen. In ihr Traumwohnzimmer mit „unseren“ bunten Bildtapeten an den Wänden, riesigen Filmstills, pochendem Sound, wirbelndem Licht! In Vorfreude auf ihren ersten Spielfilm Pepperminta, der ab 10. September 2009 in den Schweizer Kino's zu sehen ist.


Mit purpurbuntem Dank an Pipilotti und das ganze Rist-Team für die gute Zusammenarbeit! Eure Mitkollaborateurin Irene
 
Pipilotti Rist mit Druckmuster u. a. / NZZ am Sonntag






Sonntag, 23. August 2009

Hallo Susanne

Am 26. August jährt sich zum dritten Mal der Todestag meiner Freundin Susanne Paesler, Künstlerin aus Berlin.
Sie starb an den Folgen von Brustkrebs. Nach der erhaltenen Diagnose ihrer Krankheit im Jahre 1998 war es für mich klar, dass ich ihr in dieser Stuation beistehen wollte. Ich machte kurzerhand Ferien in Berlin, um ihr während der schwierigen Zeit, in der sie operiert wurde und in der sie ihre erste Chemotherapie erhielt, an ihrer Seite zu sein.
Damals erfuhr ich, was es heisst an Krebs zu erkranken und wie man dennoch einen erträglichen Umgang mit der Situation dieser bedrohlichen Krankheit finden kann. Ich durfte damals eine Chemotherapie sozusagen hautnah miterleben.
Einmal meinte sie zu mir, sie wüsste nicht, wie sie mir meine Hilfe jemals in irgendeiner Form zurückgeben könnte. Natürlich war das für mich und andere gute Freundinnen an ihrer Seite kein Thema. Es war es uns wert, ihr beistehen zu können.
Susanne hat nicht mehr erfahren, dass ich ein halbes Jahr nach ihrem Tod - neun Jahre nach ihrer ersten Diagnose Brustkrebs – selbst daran erkrankt bin.
Heute weiss ich, dass Susanne mir unbewusst geholfen hat, indem sie mich an ihrem Leben mit Krebs teilhaben liess und mir in zahlreichen Gesprächen vermittelte, was es heisst, an Krebs zu erkranken. Was es heisst, damit weiter leben zu wollen, dagegen anzukämpfen. Dass das Leben durch die Krankheit auch früher als gewünscht zu Ende gehen kann.
Ich denke oft an meine Freundin Susanne, nicht nur wegen der Krankheit. Sie war eine liebenswerter Mensch und eine ausgezeichnete Malerin, deren Werk schliesslich bleibt. Ich bin froh, dass ich ihr in Berlin vor mehr als 10 Jahren begegnet bin und sich daraus eine wunderbare Freundschaft entwickelte.


Hallo Susanne, I miss you! Unsere langen Telefongespräche über das Leben und die Kunst und die vielen gegenseitigen Besuche in Berlin und Zürich, ich vermisse sie.
Und noch etwas:
Endlich, nach langer, langer Zeit, steht deine Website an erster Stelle, wenn man deinen Namen in der Suchmaschine Google eingibt. Das würde dich bestimmt freuen! Herzlichst Irene
 
Susanne Paesler, Frankfurt 2000 / www.susannepaesler.de






Samstag, 22. August 2009

Einen Sommer noch

Im Tages-Anzeiger lese ich heute die traurige Nachricht, dass Eric Baumann, Journalist und Buchautor am Freitag in Zürich für immer eingeschlafen ist.

Nachdem ich selbst an Krebs erkrankte war ich begeisterte Leserin seiner kleinen, feinen Kolumnen im "Das Magazin" des Tages-Anzeiger. Später las ich ebenso begeistert sein Buch „Einen Sommer noch – Mein Leben mit der Diagnose Hirntumor“. Gerne hätte ich ihm und seiner Lebenspartnerin Alice Koenig noch viele weitere Sommer gegönnt! Ich bin davon überzeugt, dass Eric „seine geschenkte Zeit“ genutzt und wunderbar gelebt hat!
 
„Einen Sommer noch“ Lübbe 2008





Donnerstag, 20. August 2009

Que'est que c'est ça?


Photoshop sei Dank!
Tages-Anzeiger, 20. August 2009






Sonntag, 16. August 2009

Blue Frosting®

Auch andernorts wird gekämpft.
Jeden Sommer sind die unerwünschten Körperhaare und deren Entfernung ein Thema an der Schönheitsfront.
Was heute Stil hat und in der Vergangenheit „Brazilian Waxing“ hiess – die Entfernung aller Haare im Intimbereich mit Wachs – ist heute neu in Anlehnung an die sich dazu bekennenden Stars und Strernchen in „Hollywood Waxing“ unbenannt worden. Glauben Sie mir, das brauche ich nicht!
Oder vielleicht „Oriental Sugaring“, der letzte Schrei, sich mit einer zähen Zuckermischung der Haare zu entledigen... Nein danke! Bin wieder einmal haarlos glücklich ohne Epiliergerät und ohne Waxing.
Bis auf meine Kopfhaare sind mir die anderen unerwünschten Körperhaare mehrheitlich ausgefallen.
Mein Mittel für diesen Sommer heisst „Blue Frosting“. Nach Beginn meiner wöchentlichen Chemotherapien sind mir meine Körperhaare peu à peu ausgefallen. Ein angenehme Nebenerscheinung finde ich, mit dem sich besonders im Sommer sehr gut leben lässt. Dank „Blue Frosting“ sind mir aber meine Kopfhaare bis anhin geblieben. Dies habe ich einer blauen Eismütze zu verdanken, die ich während jeder Therapiesitzung trage. Die eisige Kälte (= Blue Frosting) unterbindet vorübergehend die Blutzufuhr zu meinen Haarwurzeln und verhindert mehr oder weniger, dass diese absterben können. Die Anwendung wirkt leider nicht bei allen Therapieformen!
Eingewickelt in eine baumwollene, hellgelbe Spitalbettdecke lässt mich die eisige Kälte, die sich von meinem Kopf über meinen ganzen Körper ausbreitet, trotz sommerlicher Raumtemperaturen regelmässig erschaudern, so dass sich meine Hautoberfläche zu Hühnerhaut kräuselt. Aber glauben Sie mir, was ist schon ein bisschen Hühnerhaut im Vergleich zu einer schmerzhaften Waxingsitzung...
 
Blue Frosty Cap






Samstag, 8. August 2009

Little Honey

Es geht mir ausgezeichnet und kaum jemand vermutet, dass ich mitten in der Chemotherapie bin, mit hilfreichen Medikamenten versorgt werde und so durchs Leben gehe!
Mit Mass und Ziel: joggend, schwimmend, arbeitend und vor allem den Sommer geniessend. Ich geniesse mein Leben, momentan mit nur wenigen Schmerzen. Am späten Sommernachmittag sitze ich zusammen mit meinem Liebsten (er hat Ferien) im Piazza am Idaplatz. Wir blinzeln in die Sonne. Ich schlürfe einen oder auch zwei Latte Macchiato und er trinkt sein Bier. Unwirklich, beinahe wundersam, diese Augenblicke.

Im Hinterkopf sitzt mir aber die Angst. Davor, dass mir mein guter körperlicher Zustand schneller als mir lieb ist wieder abhanden kommen könnte! Stürmische Gedanken, die sich manchmal aber nicht immer, groofend mit einigen Akorden auf meiner Lovely Ibanez vertreiben lassen. Mein Liebster kennt meine Ängste und ich die seinen. Musik beflügelt uns und so werde ich in dieser Woche mit der CD Little Honey von Lucinda Williams beschenkt. In Erinnerung an den rockigen Liveact von Lucinda, den wir zu Beginn unserer Sommerferien in Luzern besucht haben.


Danke David für die Teeportionen aus Peking.
Lu's spezielle Telecaster bewundere ich immer noch...






Sonntag, 2. August 2009

Feel-o-meter

Die Chemotherapie zeigt ihre Wirkung, sie schlägt glücklicherweise an. Die Schmerzen sind nicht mehr die selben, wie noch unmittelbar vor Therapiestart Mitte Mai. Mein Schmerzmittelkonsum ist markant zurückgegangen. Die schmerzfreie Zeit während des Tages hat sich verlängert und lässt mich wieder vermehrt aktiv sein. Zurück gewonnene Lebensqualität! Die geringen Sachmerzen sind aber auch ein Zeichen dafür, dass die Krebszellen im Moment erfolgreich zerstört, eliminiert, bekämpft werden – was auch immer! Mein Onkologe D.D. meinte unlängst, dass wir uns mit der Taxol weekly nicht auf dem Holzweg befänden! Meine geringen Schmerzen sind nun ein wichtiges Indiz dafür, dass die Therapie ihre Wirkung zeigt. Als mir diese Woche D.D. und die Gynäkologin H.P. noch zusätzlich erklärten, dass mein letzter Tumormarker um die Hälfte gesunken sei, freute mich das ungemein. Bei dieser erfreulichen Nachricht, ein Glücksmoment, steigt mein Feel-o-meter natürlich in die Höhe...


Am Bildschirm des Ärzteteams konnte ich mich dann auch kaum satt sehen an der TM-Zahl 241. Es ist mir klar, dass es sich dabei um einen abstrakten Wert handelt, dem ich aber – sowohl steigend, wie auch sinkend – immer wieder meine Aufmerksamkeit schenke. Ich hoffe, dass er sich weiterhin auf Talfahrt befindet und meine Krebszellen mit der Chemo zu Fallobst werden!
Mit diesem guten ärztlichen Zwischenbefund verabschiedet sich wieder einmal einer meiner medizinischen Fixsterne von mir und vielen anderen PatientInnen. D.D bricht nach Vancouver auf! Ich und mein Mann bedanken uns an dieser Stelle, für die liebevolle und kompetente Begleitung und wünschen ihm viel Erfolg für die Zukunft.

How Do You Feel?






Sonntag, 26. Juli 2009

Personal Jesus*

Im Ambulatorium, das ich im Moment jede Woche aufsuche, erlebe ich sozusagen hautnah, wie wir Betroffene den Umgang mit unserer Krankheit auf die unterschiedlichste Art und Weise "pflegen"...
Die Palette ist üppig und manchmal auch sehr absurd. Von spiritueller bis hin zur religiösen Verarbeitung und Bewältigung der Krankheit wird untereinander ausgetauscht was angeblich helfen soll.
Sind wir – für die Schulmedizin unheilbar krank – vielleicht besonders empfänglich für das Spirituelle, für die Religion und alles, was Hilfe und Trost verspricht?
Für mich persönlich jedoch, sind bestimmte “Methoden“ schlicht und einfach Schabernack, nicht nachvollziehbar. Da erhofft sich eine Patientin mit Hilfe eines Jesus-Traktates, welches sie sich abwechslungsweise über ihr Nase und vor ihre Augen hält, betend den unliebsamen Geruch ihrer Chemotherapie zu vertreiben. Eine andere Patientin trinkt täglich einige Tropfen EM-Bokashi (Effektive Mikroorganismen EM nach Prof.! Higa) und eine andere lässt sich von einem angereisten Heiler über Augenkontakt tief ins Innere ihre Seele blicken und hofft, dass sie dadurch von der Krankheit geheilt wird.
Und ich? Ich glaube an die Chemotherapie, das werde ich aber nie gefragt.
Ja, manchmal wird mir etwas Bange, wenn ich zu hören bekomme, was alles im Kampf gegen Krebs helfen soll. Dann tauche ich in meine eigene innere Welt ab und denke mir: Was soll's! Ich wünsche allen ihren “Personal Jesus“, Aber-Glaube hin oder her, Hauptsache es hilft. In diesem Sinn habe auch ich meinen “Personal Jesus“ gefunden: Joggen!
Eines ist mir klar, mein Personal Jesus kann mich nicht vom Krebs heilen, aber ich fühle mich einfach gut mit IHM!

Aus meiner JesusSAMMLUNG




*Personal Jesus
Depeche Mode, 1989
Feeling unknown
And youre all alone
Flesh and bone
By the telephone
Lift up the receiver
Ill make you a believer

Take second best
Put me to the test
Things on your chest
You need to confess
I will deliver
You know Im a forgiver

Reach out and touch faith
Reach out and touch faith

Your own personal jesus...

Feeling unknown
And youre all alone
Flesh and bone
By the telephone
Lift up the receiver
Ill make you a believer

I will deliver
You know Im a forgiver

Reach out and touch faith
Your own personal jesus
Reach out and touch faith






Sonntag, 19. Juli 2009

Der Himmel ist purpur

Eine produktive chemofreie Woche liegt hinter mir! Meine Schmerzen konnte ich mit meinen „little helpers“ gut in Schach halten, so dass ich nur wenige Gedanken an meine Metastasen und Krebszellen verschwenden musste und mich so mit anderen Dingen befassen konnte.
Die chemofreie Woche lässt mich sogar ein wenig übermütig und hyperaktiv werden. Einfach himmlisch!
Seit Mittwoch beschäftige ich mich intensiv mit der Farbe Purpur: Wenn ich im Tempo einer Purpurschnecke langsam des Weges jogge (war vor der Chemo um einiges schneller!) oder an einem gestalterischen Arbeitsauftrag virtuell durch überlebensgrossse, purpurfarbene Tulpenfelder schlendere.
Die Farbe Purpur und die mit ihr verwandten Farben Fuchsia, Magenta, Pink, Rosa, Mauve und Violett begleiten und beflügeln mich von Tag zu Tag. Meine Lust auf pinkfarbene Lebensmittel ist nach wie vor ungebrochen.
Ja, manchmal ist der Himmel einfach nur purpurfarben!
 
Detailansicht: © Pipilotti Rist
in collaboration with Irene Gattiker







Sonntag, 12. Juli 2009

Statistitik

In dieser Woche ist unsere Hausgemeinschaft um ein weiteres Mädchen angewachsen. Nun sind es insgesamt fünf Mädchen und zwei Knaben im Alter von 4 Tagen - 5 Jahren, die unsere Gemeinschaft bevölkern und beleben. Ich geniesse es miterleben zu dürfen, wie die kleine grosse Rasselbande beginnt, die Welt um sich zu entdecken.

Natürlich möchte ich möglichst lange miterleben, wie die Kinder grösser und grösser werden. Einfach leben – miterleben, so lange es mir möglich ist. Ganz speziell in diesen Momenten kriege ich es jeweils mit der Angst zu tun, weil ich weiss, dass mein Leben an einem seidenen Faden hängt und nicht ewig dauert... Dann stelle ich mir die Frage, wo ich statistisch mit meinem Krankheitsverlauf und mit meiner Lebenserwartung einzuordnen bin. Liege ich im hinteren Ende der Gauss'schen Glockenkurve oder gehöre ich zum Durchschnitt? Oder gar am Anfang? Für mich ist klar, ich will natürlich ausserhalb jeglicher statistischer Erhebungen und Normalverteilung liegen, ich arbeite unerbittlich daran. Medis sei Dank!
 
Standardabweichung:



 



Sonntag, 5. Juli 2009

Le tapis volant

Nachdem ich mich in der letzten Woche von meiner hartnäckigen Erkältung erholt hatte, steht einer erneuten Chemotherapie nichts mehr im Wege. Nach meinem Arztgespräch beziehe ich wie schon viele Male zuvor im Ambulatorium eine von sechs Liegen. Die mit klarblauem Kunstleder überzogenen Liegen erinnern mich atmosphärisch an Szenen aus dem Film Raumpatrouille Orion...
Bevor ich es mir auf der Liege
gemütlich mache, wechsle ich in bequeme Schlampenlook-Klamotten. Schliesslich handelt es sich hier nicht um einen halbstündigen Zahnarztbesuch, sondern um eine mehrstündige Sitzung, die sich bis in den frühen Abend hinziehen kann. Dann bedecke ich die Liege mit einem Badetuch, um zu verhindern, dass ich auf der Liege übermässig ins Schwitzen komme und nach mehreren Stunden mit durchgeschwitztem Hosenboden von der Liege rutsche. Pflegefachfrau L. G. nannte mein Badetuch unlängst: „Der fliegende Teppich von Frau Gattiker!“ Und so starte ich mit meinem fliegenden Teppich in eine neue Taxol-Weekly.

Rückblickend eine wunderbare Sommerwoche, in der ich meinen Geburtstag mit meinem Liebsten bei einem Nachtessen im Bederhof feierte, in der mich Blumen, Mails, Glückwunschkarten (u.a. mit dem ermutigenden Titel „fight it out“) erreichten und freuten, in der ich seit längerer Zeit wiederholt früh morgens durch den Uetlibergwald joggen mochte, wenn auch viel kürzere Strecken wie vor Beginn meiner Chemotherapie... Das war einfach wunderbar!
 
Badetuch by Sonnhild Kessler / „fight it out“ by Yoshitomo Nara






Sonntag, 28. Juni 2009

Maybe Not

Als ich am Montag zum Arzttermin in die Maternité gehe, bin ich zwar fieberfrei, aber die Erkältung ist hartnäckig wie am Tag zuvor. Nach dem Gespräch mit meinen ÄrztInnen ist klar: Die Abgabe der wöchentlichen Chemotherapie ist wegen meines geschwächten Zustandes nicht möglich und wird auf den nächsten Montag verschoben.
Erst müsse ich und mein Immunsystem wieder zu Kräften kommen, bevor mir eine weitere Chemotherapie verabreicht werden kann. Das klingt alles sehr vernünftig und einleuchtend. Es stimmt mich aber zugleich traurig, weil ich wegen meines geschwächten Immunsystems meinen sich teilenden Krebszellen das Spielfeld machtlos überlassen muss! Mit einem Medikamentenrezept und dem augenzwinkernden Rat meine „chemofreie“ Woche zu geniessen lassen mich meine ÄrztInnen unverrichteter Dinge aus dem Ambulatorium ziehen.
Die kommenden Tage verbringe ich im Bett. Ich lese, ich sehe mir auf meinem Laptop Musikvideos von Scout Niblett und Cat Power an, welche mich immer wieder sanft in den Schlaf absinken lassen... So verstreicht die Zeit!
Gegen Ende der Woche bin ich wieder soweit bei Kräften, dass ich lustvoll meiner Ibanez in die Saiten greife!
 
#78.2 Scout Niblett Nevada






Sonntag, 21. Juni 2009

Fieberschub

Seit drei Tagen leide ich an einer hartnäckigen Erkältung und heute liege ich mit Fieber im Bett. Mein Immunsystem ist erstmals durch die erneute Chemotherapie geschwächt. In der Horizontalen lasse ich die vergangene Woche an mir vorüberziehen. Fiebrige Gedanken... So beschenkte mich meine liebe Bekannte R. mit einem vierblättrigen Kleeblatt Es soll mir Glück bringen. Schon als Kinder habe ich die Wiesen nach vierblättrigen Kleeblättern abgesucht ohne dabei zu wissen, dass es sich um eine Laune der Natur handelt. Eine genetische Fehlinformation, eine Mutation, die dazu führt, dass die Pflanze vier Blätter entwickelt. Etwas „Abnormes“, Aussergewöhnliches, nicht perfektes bringt der Besitzerin Glück... Meine Krebszellen sind nicht minder eine Laune der Natur, die sich fern ab von jeglicher Norm teilen. Doch in diesem Fall wird das „Aussergewöhnliche“ zur unliebsammen Bedrohung! Metastasen bringen ihrer Trägerin leider nur Unglück! Aber wenn ich mir vorstelle, dass ich meine Metastasen wie vierblättrige Kleeblätter als Glücksbringer verschenken und los werden könnte, das wäre nicht übel! Doch das bleiben nur fiebrige Gedanken...

 



Samstag, 13. Juni 2009

Strawberry Fields forever

Es freut mich ganz besonders, wenn meine FreundInnen von nah und fern meinen blog verfolgen.
Diese Woche bekam ich von Feundin I. aus Hamburg ein kleines Packet mit einem schönen Brief, der mich sehr berührte, Kinderzeichnungen und vielen rosaroten Aufmerksamkeiten zugeschickt. Unter anderem „Erdbeerleckereien“, Schokolade mit Erdbeerkokosgeschmack, Erdbeerticki... (Siehe meinen blog „Weekly“ vom 24. Mai 2009)
Gleichentags traf ich meine Freundin M. beim Einkaufen. In ihrem Einkaufskorb lag eine Schale mit Erdbeeren für selbstgemachtes Erdbeereis, welches sie für mich zubereiten wolle. Mensch Erdbeere, werde ich verwöhnt! Und dies in einer Woche ohne Chemotherapie und keinen Termin im Krankenhaus. Normalität im Alltag, die ich sehr genossen habe. Am Montag geht es in die nächste Chemorunde.






Sonntag, 7. Juni 2009

Lesen und planen mit Schmerzen

Am Dienstag kriegte ich meine dritte Taxol Infusion. Die zwei nächsten Tage war ich richtig hyperaktiv und am Freitag war ich matt und geschafft. Schlaff ist der treffende Ausdruck dafür. Die Knochen schmerzen sehr. Ein stechender Schmerz, als würden sie da und dort atmen. So verbrachte ich Freitag und Samstag im Schlampenlook lesend und schlafend zu Hause.
Diese Woche wählte ich mir das Buch SO SCHÖN WIE HIER KANNS IM HIMMEL GAR NICHT SEIN! Der umtriebige Küstler Christoph Schlingensief schildert in seinem Tagebuch eindrücklich Umgang und Erfahrungen mit seiner Krebserkrankung.
Seine Protokolle sind erfrischend, unmittelbar und manchmal auch sehr traurig. Ich bin begeistert vom Buch! Folgendes Zitat gefällt mir besonders gut: “Ich habe lernen müssen, auf dem Sofa zu liegen und nichts anderes zu tun, als Gedanken zu denken.“
Und augenzwinkernd neidisch bin ich auf das nette Geschenk von Patty Smith an Christoph Schlingensief am Krankenbett: Eine Mundharmonika von Bob Dylan. (Siehe meinen blog „Bobster“ vom 19. April 2009!)
Schlingensief lässt Erinnerungen an die Zeit wachrufen, als mein Schatz Beat und ich 1997/98 in Berlin gelebt und gearbeitet haben. Schon damals verfolgten wir seine Projekte und fanden sie extrem spannend.
Einmal sassen wir sogar gemeinsam mit Schlingensief an einem Tisch im Prater an der Kastanienallee! Damals konnten wir beide nicht ahnen, dass wir Jahre später an Krebs erkranken würden und unsere Wege sich kreuzen würden. Wir sind krebskrank und sagen uns du...

PS
Planen: Unser Flug nach Japan ist gebucht und die Reiseziele sind definiert!
 
"So schön wie hieer kanns im Himmel gar nicht sein!" Kiepenheuer & Witsch






Samstag, 30. Mai 2009

Schon tot?

Unser langjähriges Freundespaar hatte sich während den letzten zwei Jahren langsam aber sicher aus unserem Freundeskreis geschlichen. Bis zu meiner Erkrankung war unser Kontakt recht intensiv, aber inzwischen habe ich den Verdacht, dass ihnen der Umgang mit meiner Krebserkrankung sehr viel Mühe bereitet. Irgendwie passt Krebs nicht recht in eine erfolgreiche Lebens-planung!
Nach langer Stille ihrerseits nun vorgestern plötzlich Entschuldigungen auf dem Telefonbeantworter, Erklärungen sowie eine kurzfristige Einladung zum Abendessen. Am Telefon dann noch einmal persönlich von unserem Freund dieselben Erläuterungen. Da unser Wochenende jedoch bereits verplant ist, schlage ich vor, die Einladung zu verschieben und sogleich einen Termin zu suchen. Unmöglich jedoch, die weitere Planung spontan am Telefon zu machen.
Dann doch noch die bange Frage des Freundes nach meinem werten Befinden: Gemäss meiner Mail sei ich ja den Zürich Marathon gelaufen und vermutlich topfit und hätte keinerlei Probleme...
Alles relativ, erzähle ich ihm, denn inzwischen sei mein Zustand ein anderer und ich erhalte erneut eine Chemotherapie. Das hätte er sich gedacht, denn meine Stimme höre sich müde an. Das sei einfach Scheisse, mehr fällt ihm dann dazu nicht ein und kurz darauf ist das Gespräch abrupt zu Ende. Er werde sich wieder melden...

Als ich nach dem Gespräch mit Freund J. das Telefon traurig aufgelegt hatte, fuhr es mir durch den Kopf: Bin ich schon tot oder vielleicht diese Feundschaft?

Vieleicht gehen durch eine schwere Erkrankung Freundschaften zu Ende oder sie sind schliesslich am Ende. Aber glücklicherweise können bestehende auch gestärkt werden und es kommen sogar einige neue Freundschaften dazu. Trotz der Krankheit. Oder wegen der Krankheit.






Sonntag, 24. Mai 2009

Weekly

Am Montag war es also soweit. Ich sollte meine erste Chemotherapie mit dem sinnigen Namen „Taxol Weekly“ verabreicht kriegen! Begleitet von meinem Mann begab ich mich in die Maternité des Stadtspital Triemli. Im Ambulatorium begegnete ich zwei Mitpatientinnen, die ich bereits aus meiner Zeit meiner ersten Chemotherapie-Zyklen kannte. Bei solchen Begegnungen wird mir sehr viel Mitgefühl und Solidarität von den Leidensgenossinnen entgegengebracht. So unterschiedlich die Persönlichkeiten der Langzeitpatientinnen auch sein mögen, der Krebs ist unsere verbindende Gemeinsamkeit und schweisst uns zusammen...
An diesem Montag bin ich die letzte Patientin, die eine Chemotherapie verabreicht kriegt. Nachdem die verschiedenen Glücksgaben in mein System geträufelt sind, stehen die Zeiger der Uhr bereits auf 16.50 Uhr. Ich verlasse in schläfrigem Zustand die Maternité und male mir aus, wie das Taxol Weekly meine teillustigen Krebszellen zu zerstören beginnt...
Nebenwirkungen? Am Dienstag fühle ich mich immer noch ein bisschen schläfrig und ich bewege mich einwenig schwankend vorwärts, Seemannsgang.
Mein Hirn ist in Watte gepackt, meine Reaktionsfähigkeit den Umständen entsprechend verlangsamt. Ich ernähre mich mehrheitlich von Erdbeeren und mein Appetit darauf ist ungebrochen. Erdbeeren auf Brot, Erdbeeren mit Jogurt, Erdbeeren über alles...
Mein Mann kann die roten Früchte schon gar nicht mehr sehen. Deshalb hat er mich am Samstagabend zum Abendessen in den Bederhof eingeladen, weil er weiss, dass ich den Pommes Allumettes ganz bestimmt nicht widerstehen kann!