Mittwoch, 29. Dezember 2010

Erkältung

Kaum hatten sich die letzten Nebenwirkungen meiner abgeschlossenen Navelbine Chemotherapie verzogen und am Horizont hatte sich ein Hoffnungsschimmer von Normalität abgezeichnet, wurde ich während des weihnachtlichen Schneetreibens unvermittelt von einer gewöhnlichen Erkältung überrascht. In meiner Nase und meinen Bronchien hatten sich ungebetene Viren oder Bazillen ausgebreitet und machten mir das Leben schwer!

Ich zog mich wie ein Siebenschläfer für einen vorübergehenden Winterschlaf zurück. Gut eingerollt unter einer wärmenden grauen Decke hoffte ich, schlafend diesen Zustand zu überwinden...
Kurz vor dem Jahreswechsel verliess ich noch einmal mein Lager, um ein weiteres Mal meine intravenösen Therapien zu empfangen, auf diese bin ich angewiesen und darf sie keinesfalls verschlafen!
Während draussen die Stadt langsam unter einer Schneedecke versank, sank ich samt meinen medikamentösen Gaben erneut in einen tiefen, langen Dauerschlaf...
Und träumte davon, ein Siebenschläfer zu sein.





Wissenschaftler haben herausgefunden, dass die über achtmonatige Winterpause eines Siebenschläfers sogar bis zu zehn Monate pro Jahr dauern kann. Ein wahrer Weltmeister unter den Winterschläfern.

In seinen buschigen Schwanz gewickelt rollt er sich im Herbst zusammen und wacht erst wieder auf, wenn ab Mitte Mai die Natur zum Essen ruft. Kurz nach dem Erwachen entscheiden die Nager, ob es ein lohnendes Jahr für die Familiengründung wird oder nicht.
In fetten Jahren, wenn ihnen die Natur ein energiereiches Nahrungs-angebot bieten kann, bleiben sie wach.
In mageren Jahren dagegen erhebt sich ein Teil der Tiere lediglich für zwei Wochen vom Lager, frisst das Nötigste und schläft dann auch über den Sommer hinweg.
Im Herbst erwachen sie noch einmal, um sich kurz und fettreich zu ernähren und dann bis zum nächsten Frühling weiter zu ruhen.
Dieser lange Winterschlaf beschert den Siebenschläfern ein langes Leben, das sie offenbar ihrem Lebensinhalt verdanken: viel Schlaf, wenig Sex.






Samstag, 18. Dezember 2010

Stabilisiert

Im Zielraum des Silvesterlaufes vom 12. Dezember 2010 nahm ich dankbar eine Banane und eine Getränkeflasche mit dem treffenden Namen "Bio-Glückstee" in Empfang. Ich hatte diesen letzten Lauf des Jahres unter den Vorgaben meines virtuellen Trainingssystems absolviert und war so mehr als zufrieden mit meiner Leistung!
Gestärkt durch den Bio-Glückstee und bestens versorgt mit Glücks-Hormonen konnte ich der kommenden CT Untersuchung mit Zuversicht entgegenblicken.

Als mir das Röntgenkontrastmittel in die Vene gespritzt wurde, strömte ein warmer Schauer durch meinen Körper und so nahm die CT-Untersuchung ihren gewohnten Lauf, wie schon so viele Male zuvor.
Nun würde sich bildlich zeigen wie erfolgreich sich die Navelbine-Therapie auf meine Metastasen auszuwirken vermochte.

Drei Tage später konnten mir meine beiden Ärztinnen Frau S. und P. die guten Resultate des CTs mitteilen und das weitere Vorgehen meiner Behandlung besprechen.
Meine Knochenmetastasen haben sich ein wenig zurückgebildet und es sind keine zusätzlichen Herde aufgetaucht. Meine Lebermetastase ist geblieben, aber sie hat sich zumindest nicht weiter ausgebreitet. Nichts, was nicht schon da gewesen wäre, aber auch nichts Neues! Durch die Chemotherapie und das Herceptin wurde der Verlauf meiner Krankheit bis auf weiteres stabilisiert.
In Zukunft werde ich weiterhin mit Herceptin und Zometa versorgt. Ob die Einnahme von Aromatasehemmer sowie der Zoladex-Spritze noch nötig sein werden, hängt von meinem Hormonspiegel ab, der noch zu ermitteln ist...

An diesem Abend feierte ich zusammen mit meinem Liebsten dieses wunderbare Weihnachtsgeschenk und gönnte meiner Lebermetastase eine kurze, aber prickelnde Prosecco-Dusche...






Samstag, 11. Dezember 2010

Wahre Schönheit kommt von Innen!?


Seit meiner Erkrankung vor über vier Jahren haben sich auf meinem Gesicht, mehrere Falten, und Krähenfüsse gebildet! Auf meinem Kopf blitzen da und dort gut sichtbare silbergraue Strähnen aus dem dunkelblond meiner Kurzhaarfrisur hervor. Mich wundert das nicht, denn schliesslich bin ich mit Hilfe von Medikamenten in eine verfrühte Abänderung geschickt worden und diese hinterlässt unliebsame Spuren des Alterungsprozesses. Zudem lassen mich die Nebenwirkungen meiner Therapien jeweils auch nicht gerade taufrisch aussehen!
Es gibt immer wieder Tage, an denen ich nicht in den Spiegel blicken mag, weil ich mich in meinem eigenen Spiegelbild nicht wieder erkennen kann oder ich mich geradezu vor meinem Aussehen fürchte. Meine Krankheit lässt mich manchmal so richtig schei..e aussehen!

Da kommt mir das Angebot einen Workshop von Look Good - Feel Better zu besuchen gerade richtig .
Gemeinsam mit sechs Krebspatientinnen nehme ich in der Maternité an diesem zweistündigen Kurs teil. Unter der Anleitung von freiwilligen Berufsfachfrauen erhalten wir Tipps zur Hautpflege und zum Schminken während einer Chemotherapie. Jede Patientin erhält eine weisse Geschenktasche mit Hautpflege- und Make-up-Produkten, was wir zu schätzen wissen!
So werde ich in Zukunft meiner Schönheit von Aussen etwas nachhelfen, auch wenn bekanntlich wahre Schönheit von Innen kommt...






Samstag, 4. Dezember 2010

Aussätzig

Diese Woche sitze ich mit vielen werdenden Müttern und einigen Begleitvätern im Wartezimmer der Maternité, das werdende Leben wölbt sich mir kugelförmig entgegen.
Nach der Besprechung richte ich mich mit meinem fliegenden Teppich im weihnachtlich geschmückten Ambulatorium ein. Der Termin für das bevorstehende CT und den Besprechungstermin einige Tage später steht fest! Doch zuerst erhalte ich meine Infusion mit Herceptin und meine letzte Chemotherapie mit Navelbine.

Unvorhergesehen verzögert sich die Abgabe meiner Infusionen bis in den späten Nachmittag. Das stört mich nicht weiter, denn wie immer habe ich ein Buch dabei. Als die letzten Tropfen des Herceptins kurz vor fünf durch das Schläuchlein träufeln betätige ich die Klingel. Einmal, zweimal...
Eine in weiss gekleidete Pflegefachfperson steht - hochschwanger - in mindestens zwei Metern Entfernung vor mir und fragt, weshalb ich geläutet hätte. Ich bitte sie, mir die Pflegefachfrau B. herbei zu rufen, damit sie mir Chemotherapie anhängen könne. Doch sie kann sie nicht finden.
Ich bitte sie höflich, ob sie nicht wenigstens nachsehen könnte, ob die Salzlösung noch genügend tropft. Mit einer ablehnenden Geste wirft sie die Arme in die Höhe. Leicht hysterisch gibt sie mir, immer noch mit Sicherheitsabstand, zu verstehen, dass sie hier aber auch rein gar nichts antaste und verändere, schliesslich sei sie Hebamme, zudem hochschwanger und wisse was Chemotherapie bedeute. Dabei wolle sie mir nicht zu nahe treten...
Hat sie aber mit voller Wucht! Ich bin nicht ansteckend, aussätzig und leprös. Und mein Infusionsständer ist auch keine Sprinkleranlage, die Zytostatika versprüht!
Schliesslich kriege ich doch noch meine Navelbine-Infusion und werde von den Pflegefachfrauen getröstet. Für heute habe ich genug von Frauen mit Bäuchen voll prallen Lebens und flüchte in die Nacht!






Sonntag, 28. November 2010

Strahlen 2

In einer der letzten Sprechstunden sprach meine Onkologin von der Option, dass meine Chemotherapie Navelbine nach sechs Zyklen noch nicht zu Ende wäre und ausgedehnt würde, falls sich mein TM weiterhin signifikant in Richtung abwärts bewegen würde!
Doch der letzte TM-Wert zeigte nun, dass er sich bei einem Wert von 220 einzupendeln scheint und somit die Wirksamkeit dieser Chemotherapie ihren Zenit bereits erreicht, wenn nicht schon überschritten hat.

Da die letzte Infusion auf den Freitag vor den Silvesterlauf fallen würde, bitte ich meine Onkologin Frau S. darum, den Chemotermin doch um eine Woche zu verschieben. Sie findet, dass ich nach der neusten TM-Entwicklung sogar darauf verzichten kann. Das kommt mir als Läuferin für einmal sehr gelegen! Dafür lässt sie mich kurz nach dem Silvesterlauf wieder einmal durch die Röhre fahren, bzw. strahlen.


  



Samstag, 20. November 2010

Strahlen 1

Am Abend vor meiner Chemotherapie entspanne ich mich zusammen mit meinem Liebsten an einem Konzert von Scout Niblett im Clubraum der Roten Fabrik. Ihre Songs sind minimal instrumentiert: Scout begleitet sich mit zarten bis schroffen Riffen auf ihrer Gitarre, manchmal untermalt von den kräftigen Beats des Schlagzeugers Daniel Sigmund Henry Wilson. Eine laute Stratocaster unter Strom. Eine sympathische, zu Beginn des Konzertes äusserst konzentrierte und zurückhaltende Persönlichkeit, die sich im Verlauf des Konzertes immer mehr öffnet und auch ihre witzigen Seiten zeigt. Am Ende ist die Scheuheit ganz verflogen, die zwei Weingläser, die sie zu Beginn auf ihrem Gitarrenkoffer platziert hatte, sind leer und es kommt zu kleinen Interventionen zwischen ihr und dem Publikum. Ein Song beeindruckt mich sehr. Scout trägt ihn am Schlagzeug vor, das sie voller Energie bearbeitet: We're all gonna die but we don't know when and where. So einfach ist es. Thanks, Scout!

Shining Scout Niblett
, Zürich 2010






Sonntag, 14. November 2010

Ballast abwerfen

Es lag nicht nur am Herbst mit seinen fallenden Blättern, sondern auch am Wissen um meine Krankheit, dass in mir seit geraumer Zeit das Bedürfnis aufkeimte, mein Office neu zu ordnen und umzugestalten.

Neben meinem Arbeitstisch, meinem Lista Schubladenschrank und einem Aktenregal soll zukünftig ein schmales Bett zu stehen kommen.
Ein Bett am Arbeitsplatz bietet mir viele Annehmlichkeiten:
-Wenn mein Rücken schmerzt und das Sitzen wieder einmal sehr mühsam wird, ist es mir möglich liegend am Laptop zu arbeiten.
-Zudem ist es mir Zuflucht für meine täglichen Mittagsnickerchen.
-In den Nächten, wenn unsere Nachtruhe durch meine Hitzewallungen aufs empfindlichste gestört wird und unser Ehebett in Flammen aufzugehen droht, kann ich mich im "Ersatzbett" abkühlen.
-Und wenn mein Liebster zu laut schnarcht, ist er dort mit seinem Lärm alleine.

In meiner chemofreien Woche landete ein grosser Teil meines Lebens als Gestalterin in der Müllabfuhr. Nur das Nötigste und Wichtigste blieb und fand Gnade vor dem Ende in der Verbrennungsanstalt.
Danach stand ich glücklich und entschlackt in meinem Office und vor meinem imaginären Auge nahm das noch fehlende Bett Gestalt an...






Sonntag, 7. November 2010

Geschmacksverstauchung

Das Zytostatika Navelbine (Zytos = Zelle; statikos = hemmen) lässt meine Tumormarkerwerte weiter absinken.
Ich habe bereits vier von insgesamt sechs vorgesehenen Zyklen hinter mich gebracht.

Kein Medikament ohne Nebenwirkungen! Nebst meiner morgendlichen Antriebslosigkeit, dem leichtem Schwindel und der Gelenkschmerzen leide ich inzwischen immer mal wieder an juckenden Hautveränderungen auf meinen Handflächen und gelegentlichen Krampfanfällen in Fingern und Fusszehen...

Während meiner bisher erhaltenen Chemotherapien blieb ich glücklicherweise von Geschmacksstörungen verschont. Jetzt aber sind sie da! Nachdem ich jeweils meinen Cocktail erhalten habe, lässt meine Zunge und mein Gaumen die Erinnerungen an vermeintlich Köstliches wie Seifenblasen zerplatzen. Süsses schmeckt weniger süss und bitteres kann bitterer schmecken.

Der mit gerösteten Reiskörnern angereicherte Grüntee, mein Lieblingstee, hinterlässt in meinem Gaumen einen unangenehmen Geschmack von Metall. Der Apfel schmeckt viel saurer als ich es gewohnt war (zu meiner Freude aber neutralisiert er den Geschmack von Metall in meinem Gaumen).
Das Jogurt, die Banane, die Kartoffel schmeckt - wie so vieles andere - einfach nur nach Karton!
Mein Geruchssinn lässt mich zeitweise aus der Küche flüchten, wenn herrliche Essensdüfte in alle Himmelsrichtungen strömen!
Wäre da nicht der italienische Weichkäse mit dem wohlklingenden Namen "Gorgonzola Cremoso Oro", der auf meiner Zunge vertraute, salzige, cremige Spuren hinterlässt, ich müsste über meine Geschmacksverstauchung verzweifeln!

Ob Metall oder Karton — ich achte nach wie vor darauf, mich ausgewogen zu ernähren und versuche meine Geschmacksnerven, wenn irgendwie möglich, zu kitzeln und zu überlisten!






Sonntag, 31. Oktober 2010

Saúde, salud und alles Gute!

Nach NYC wurde mir erstmals von der neuen Onkologin Frau S. die Verordnungen für meine Chemotherapie und HER2 Abgabe ausgestellt.
Zusammen mit Dr. P. betreut sie die Sprechstunde im Ambulatorium. Frau S. ist mein vierter onkologischer Fixstern in Folge seit Beginn meiner Behandlung, während mich Frau Dr. P alternierend nun bald vier Jahren begleitet.

Fixsterne kommen, Fixsterne gehen, auch an das muss man sich als Patientin eines Grossbetriebes gewöhnen. Umso dankbarer bin ich, wenn einer dieser verlässlichen und kompetenten Ärzte-und-Pflege-Fixsterne über längere Zeit bleibt und im Onkologischen Ambulatorium regelmässig wiederkehrt!

Mit keinem der wechselnden Onkologinnen und Onkologen bin ich bezüglich meiner Erkrankung kommunikativ und behandlungsmässig gestrauchelt. Mein bisheriges Verhältnis zu ihnen blieb glücklicherweise ungetrübt. Die eine oder andere Therapieform fand sich immer, um das Fortschreiten meiner Krankheit hemmen zu können. Und ich musste mir auch noch keine hoffnungslose medizinische Sackgassemitteilungen anhören!

Manchmal wandern sie ab um sich weiterzubilden oder sich beruflich zu verbessern oder weil ihnen - zu Recht - von der Privatwirtschaft ein attraktiveres Angebot unterbreitet wird. Ich gönne es ihnen von Herzen und zu meinem Leidwesen!

Während ich im Ambulatorium ausnahmsweise als einzige Patientin mit Herceptin und Navelbine versorgt werde, wird meine ehemalige Onkologin H. mit einem kleinen Umtrunk von ihren KollegInnen aus dem Ambulatorium verabschiedet. Die Stimmung ist gut und so werde ich von den beiden diensthabenden Pflegefachfrauen nebst meinem Chemiecocktail auch noch mit Knabbereien und einem Glas Orangensaft verwöhnt! An diesen Service könnte man sich als Patientin leicht gewöhnen.

Von Dr. H. habe ich mich bereits vor meinen NYC-Ferien verabschieden müssen. Sie begibt sich erst mal auf eine längere Reise und wird danach an einem anderen Ort PatientInnen begleiten. Mit einem Schluck Orangensaft trinke ich auf ihr Wohl. Saúde, salud und alles Gute!






Samstag, 23. Oktober 2010

On The Pink Road

Kaum auf dem JFKennedy gelandet, wird mir klar, dass hier während des Pink Ribbon Monats Oktober dem Krebs nur schwer zu entfliehen ist!
Ich bin mehr als beeindruckt: Kaum ein Plakat, ein Alltagsartikel ohne Hinweis und Spende für "The National Breast Cancer Research Foundation". Ein pinkfarbener Müllwagen bekundet seine Solidarität, auf der Windschutzscheibe eines Polizeiwagens klebt eine rosa Schleife, das Danone Yogurth trägt pink. Im Hardwarestore gibt es pinkfarbene badges, pinkfarbenes duct tape, Geschenkbänder mit rosa Schleife und anderer rosa Krimskrams zu kaufen... Think pink, make pink money!






Eine Invasion von rosa Schleifen! Unverhofft entdecke ich während eines Streifzugs durchs Lower East Side ein Plakat in schwarzweiss. Es wirbt für eine Fotoausstellung zum Thema Brustkrebs und zeigt provokativ eine hochschwangere Frau mit beidseitiger Brustamputation, die uns selbstbewusst entgegenblickt. Unter dem Bild: Breast Cancer Is not a Pink Ribbon! Ja, das gefällt mir.






Wir tauchen in die Stadt, die niemals schläft.

Bereits an einem der ersten Tage in NYC absolviere ich ein Lauftraining am Hudson River. Ein Erlebnis, dass mich berührt und zugleich beflügelt!






Nachdem wir uns bei Sonnenschein und Wind auf den Spuren der Beatniks durch Soho bewegten, erkälte ich mich fürchterlich. Mein Liebster hatte sich bereits vor Beginn unserer Reise erkältet. So bin ich jetzt an der Reihe.
Das fehlte uns noch, wir beide krank in New York! Es macht den Eindruck, als wolle mir meine Krankheit, als Spielverderberin, meine Grenzen aufzeigen! Dabei hatte ich sie doch zu Hause gelassen...

So schnell sollte mir dieser Schnupfen mit hartnäckigem Husten die Zeit in New York nicht vergraulen. An den folgenden Tagen finden wir uns immer wieder in einer der zahlreichen Pharmacies, wo wir uns vom grandiosen Medikamentenangebot, bei dem man zum Pillenjunkie werden könnte, die nötige Hilfe erhoffen...






Wir ziehen weiterhin durch die Stadt und lassen uns immer wieder überraschen.






Das XL-Angebot von biologischem Food beeindruckt. In Pipilotti Rists Ausstellung "Heroes of Birth" ziehen unsere Augen gemeinsam mit einer Gruppe von Schafen über das satte Grün. Mit unserem Freund D.W.K. haben wir das Vergnügen an einer Benefizveranstaltung die liebenswerte Patti Smith live zu erleben, sowie den unermüdlichen 91 jährigen Pete Seeger mit Guy Davies!
Eine ungeplante Fahrt in einem Polizeiauto durch New Yorks Strassen wird uns als kurioses Erlebnis in Erinnerung bleiben...






Samstag, 9. Oktober 2010

On The Road

Wieder einmal steht ein Highlight auf unserem Reiseplan: NYC!
Mein Liebster und ich, wir gönnen uns einige Ferientage in New York City. Ich habe mir vorgenommen meine Gedanken an meine Metastasen und Chemotherapie zu Hause zu lassen! Das ist natürlich nicht so einfach, denn in meinem Gepäck reisen vorsichtshalber meine Little Helpers (Schmerztabletten) mit und in meinen Reisedokumenten liegt ein Schreiben meines Krankenhauses, dass ich Trägerin eines endoffenen Katheters bin...


 



Mittwoch, 6. Oktober 2010

Schleife auf dem Rasen

Anlässlich des "Pink Ribbon Charity Walk" vom 2. Oktober 2010 wurde im Stadion Letzigrund Zürich eine rosa Schleife auf den Rasen gezaubert. Nebst zahlreichen rosa Ballons und verschiedenen Werbemittel der Sponsoren wirkte das Pink Ribbon Logo auf dem Stadionrasen eher dezent. Es sei denn, man hätte die Möglichkeit gehabt, dieses von oben betrachten zu können! Der Blick auf die rosa Rasenschleife blieb mir als Betroffene jedoch verwehrt, weil alle Zugänge zu den Zuschauertribünen mit rosa Bändern abgesperrt waren.
In Zürichs Tageszeitungen suchte ich anfangs dieser Woche nach Beiträgen über diesen Event. Im Sportteil (!) des Tages-Anzeiger vom 4. Oktober stiess ich schliesslich auf eine kleine Notiz.
Zu meiner Freude kamen die sonntäglichen Fussballmatchbesucher während neunzig Spielminuten in den Genuss, die rosa Schleife von den Zuschauertribünen aus betrachten zu können...


 

Tages-Anzeiger, 4. Oktober 2010




Sonntag, 3. Oktober 2010

Race for the Cure Frankfurt

Gemeinsam starteten wir als Team von laufbegeisterten Brustkrebs-Betroffenen am "11. Race for the Cure®" in Frankfurt mit (Siehe auch Blog "Vier" vom 4. Juli 2010). K. T. hatte über Facebook zur Teilnahme an diesem Anlass aufgerufen und sie bot uns beiden Schweizerinnen ihre grosszügige Gastfreundschaft an.

Am letzten Sonntag vor dem Start des "11. Race for the Cure®" trafen wir uns mit allen übrigen Teamläuferinnen. Wir waren eine kleine, aber feine Gruppe von acht Frauen. Ich freute mich schon lange vor diesem Wochenende auf die BRUSTfreundinnen, die für mich bisher nur über Facebook fassbar waren. Endlich begegneten wir uns, und meine guten Gefühle und Erwartungen wurden mehr als erfüllt. Sieben starke Frauen, jede für sich einzigartig! Das beeindruckt mich noch jetzt.

Zusammen verbrachten wir einen wunderbaren Nachmittag in Frankfurt. Der " Race" mit über Fünftausend Teilnehmern führte uns während 5 Kilometern am Ufer des Mains und an den Häuserzeilen Frankfurts entlang. Glücklich und zufrieden erreichten wir ohne Zeitmessung das Ziel, denn für eine gute Sache zu laufen stand im Vordergrund. Vermutlich war es nicht nur für mich ein ganz spezieller Moment im Ziel einlaufen zu können, denn die Freude über unsere Leistung war unübersehbar in unseren Gesichtern abzulesen...

Nach dem Lauf blieb uns noch Zeit, um im Kaffee Dulce unsere Kohlenhydratspeicher wieder aufzufüllen und zu quatschen. Meine Lachmuskeln litten an Stelle meiner Beinmuskeln noch Tage später unter Muskelkater! Ich hoffe, dass ich in Zukunft noch viele gemeinsame Races mit meinen neuen BRUSTfreundinen laufen kann. Für den Mai 2011 habe ich mir bereits einen Lauftermin als Fernziel vorgemerkt...






Donnerstag, 23. September 2010

HeLa

Letzte Woche las ich in mehreren Artikeln über eine ungewollte Heldin der Wissenschaft: Henrietta Lacks, eine Krebspatientin, die 1951 in den USA im Alter von 31 Jahren starb und deren Zellen bis heute weiter leben und über das Internet zwecks Forschung bestellt werden können.
Unsterblich sind sie geworden, die Krebszellen, an denen Henrietta Lacks innerhalb kurzer Zeit gestorben ist. Im Fachjargon tragen sie den Namen HeLa.
Ohne HeLa keine Forschungsresultate in Virologie, Genetik, Krebs-forschung, Labortechnik und Bakteriologe. Es gibt tausende wissen-schaftliche Publikationen über die HeLa-Zellen und zahlreiche Nobelpreise sind den Zellen von Henrietta Lacks zu verdanken.
Sie wurden sogar ins Weltall geschickt — dabei entdeckten die ForscherInnen, dass sich Krebszellen bei erhöhter Strahlung schneller vermehren!

Henrietta Lacks war eine arme, farbige Frau, die nicht wusste, dass man ihr
während einer Untersuchung Gewebe entnommen hatte und dass es den Forschern gelungen war Zellen davon am Leben zu erhalten.
Manches Medikament, das mir jetzt als Patientin zugutekommt, wurde an Hela-Zellen getestet. Ich bin Henrietta Lacks dafür sehr dankbar!

Die Wissenschaftsjournalistin Rebecca Skloot hat die Geschichte von Henrietta Lacks und ihrer Familie rekonstruiert und aufgeschrieben. Sie hat dieser ungewollten Heldin nach 59 Jahren eine Stimme gegeben...

Henrietta Skloot: Die Unsterblichkeit der Henrietta Lacks. Irsiana, München 2010 512 S

 



Sonntag, 19. September 2010

Morgenmuffel?

Seit ich erneut eine Chemotherapie erhalte, ist mir klar, dass ich vorübergehend kein Morgenmensch mehr sein kann. Ich benötige viel Zeit, damit mein Körper und Gehirn richtig auf Touren kommen und ich schliesslich erfolgreich in einen neuen Tag starten kann. So zieht sich ein optimaler Morgen in der Langsamkeit des Seins allmählich in die Vormittagsstunden...

Es gibt aber auch Tage an denen ich trotz meiner morgendlichen Langsamkeit mit wenig Zeit in den Tag starten muss. Dann fühle ich mich jeweils so, als würde ich neben den Schuhen stehen. Antriebslos und noch voller nächtlicher Müdigkeit bewege ich mich tapsig und unkonzentriert in den Tag hinein!

So geschehen am letzten Sonntag, als wir uns frühmorgens für eine Wanderung zur Tramhaltestelle aufmachten. In einem Moment von Unachtsamkeit verhaspelten sich die Schnürsenkel meiner Wanderschuhe so unglücklich ineinander, dass ich die Bodenhaftung verlor.
Meine Nasenspitze landete unsanft auf dem Asphalt. Da lag ich — bäuchlings mitten auf der Hofdurchfahrt mit blutigen Bremsspuren auf meinen Handballen. Was für ein unglücklicher Blitzstart!
Unvermittelt brach in mir eine Welt zusammen. Weltschmerz oder wohl eher Krebsschmerz. Einerseits die Schmerzen durch den Sturz, anderseits realisierte ich, dass mein Körper den Befehlen meines Gehirns nicht folgen konnte. Das Tränenwasser sammelte sich in meinen Augen und kullerte in kleinen Rinnsalen über mein noch schlaftrunkenes Gesicht.
Liebend gerne wäre ich in diesem Moment auf der Strasse liegen geblieben, um mich meiner morgendlichen Langsamkeit zu ergeben und schlafend den Zeitpunkt abzuwarten bis Körper und Geist soweit bereit sein würden, sich zusammen in eine und die selbe Richtung bewegen zu können. Aber das würde Stunden dauern! "Dünnhäutig" wie ich war, rappelte ich mich schliesslich mit Hilfe meines Liebsten wieder auf und startete ein weiteres Mal in diesen Morgen, dem ein wunderbarer Tag in den Bergen folgen sollte...

Japanische Landschaft Nr. 2 mit Blick auf den Walensee, 19. September 2010
Foto: B. Zgraggen







Sonntag, 12. September 2010

Liebeserklärung

Nach einem ausgefüllten Tag kroch ich wieder einmal müde, aber dankbar unter das Pfulmen. Mein Mann legte sich neben mich und drückte mir liebevoll einen Gutenachtkuss auf die Stirne und meinte, wie schön es sei, dass wir Abend für Abend, Seite an Seite nebeneinander in unserem Bett liegen würden.
Ich fragte ihn danach, warum er das denn so ausgesprochen schön finden würde? Einfach so, gab er mir eher etwas verhalten zur Antwort. Seine Stimme klang wehmütig und ich ahnte, dass sich hinter dieser Antwort noch andere Gedanken und Gefühle verbergen mussten. Meine Schläfrigkeit war meiner Neugierde gewichen und ich bat ihn darum, mir dieses "Einfach so" doch bitte genauer zu erklären.
Einfach so, gab er mir erneut zur Antwort. Nein, sag es mir weshalb ist es einfach so! insistierte ich. Ob ich es denn wirklich so genau wissen wolle, gab er mir sanftmütig zur Antwort. Ja, raus damit, ich kann die Wahrheit schon ertragen! gab ich ihm mittlerweile hellwach und hellhörig zur Antwort.
Er erzählte mir von seinen angstvollen, schmerzenden Gedanken. Wie zu Beginn dieses Sommers, wo der Krebs mein Leben, aber auch sein Leben von Neuem bedroht. Oder die Nachricht, dass C.S., ein von uns geschätzter Zeitgenosse, viel zu früh an dieser Krankheit gestorben ist. Dann werde ihm unwiderruflich vor Augen geführt, dass er auch mich eines Tages an den Krebs verlieren würde. Schmerzhaft die Vorstellung, dass er dann ohne mich ins Bett sinken müsste.
Einfach so — ist der ganz besondere Moment, wenn wir nach einem langen Tag zufrieden im Bett liegen und uns eine gute Nacht wünschen könnten.

Wenn es auch traurig klingt, ich freue mich über diese wunderschöne Liebeserklärung an mich und an unser gemeinsames Leben. Bestimmt werden wir noch viele dieser kleinen, Tages — und Nachtmomente gemeinsam erleben dürfen. Und sollte ich einmal nicht mehr sein, wünsche ich mir für meinem Mann noch viele andere schöne Momente, die das Leben so lebenswert machen, auch wenn es im ersten Moment nach einem schmerzhaften Verlust unvorstellbar scheinen mag...






Sonntag, 5. September 2010

Von Espressi und Labormäusen

Auch in einem aktuellen Inserat der Krebsforschung wird gezählt und gerechnet!
Gemäss Aufstellung der Krebsforschung wurde nach 12298 Espressi (oder könnten an dieser Stelle auch Labormäuse gemeint sein?) und 810 durchgearbeiteten Nächten eine neue Krebstherapie entwickelt. Diese Werbebotschaft stimmt mich als Betroffene natürlich zuversichtlich. Und so warte ich noch einige Espressi, Labormäuse und Nächte weiter, bis auch für mich die passende Therapie gefunden wird!

Im Namen des Krebses, lasst die Espressmaschinen und Labormäuse weiterhin auf Hochtouren laufen und tanzen...







Samstag, 28. August 2010

Von Pappe, Blister und Tabletten

Vor einem Jahr habe ich begonnen das Verpackungsmaterial meiner Medikamente zu sammeln. Inzwischen lassen sich damit kleine, beeindruckende Hügellandschaften bilden!

Viele Verpackungen sind sogenannte Blister, Durchdrück-packungen, die zur Einzelentnahme von Tabletten dienen. Da liegen sie nun, die Verpackungen aus Pappe und die Blister mit ihren leeren Vertiefungen aus Kunststofffolie, einst gefüllt mit gelben oder weissen Tabletten, meinen "little helpers" gegen den Krebs und seine Nebenwirkungen...

Ich habe sie alle gezählt:
Es sind 10 Produkteverpackungen aus Pappe und 34 Blister aus Kunstoff. Insgesamt 427 Tabletten, die ich über das vergangene Jahr, Tablette für Tablette, in meinem Innern verschwinden liess, auf dass sie ihre Mission als Aromastasehemmer oder Schmerzmittel erfüllen mögen.
Dabei ist zu erwähnen, dass ich während der hälbjährigen Chemotherapie auf die tägliche Einnahme von Aromastasehemmer verzichten konnte und sich in dieser Zeit mein Tablettenkonsum mehr oder weniger auf die Einnahme von Schmerzstiller beschränkt hatte.
Ich habe gerechnet:
Meine Durchschnittswerte liegen schliesslich bei einer Tagesration von 1.186 Tablette. Ich bin erstaunt, dass sich trotz der imposant wirkenden Hügellandschaft der Durchschnittswert meines täglichen Tabletten-konsums doch eher recht bescheiden ausnimmt... Und das bei meiner bedrohlichen Krankheit!
Amüsantes Detail:
Zufall, Schicksal, was auch immer, die Quersumme von 427 ergibt 13, zudem lässt sich 427 in zwei Primfaktoren zerlegen, 7 mal 61. Glücklicherweise bin ich nicht abergläubisch!






Sonntag, 22. August 2010

Christoph Schlingensief

Heute lese ich, dass Christoph Schlingensief, ein von mir sehr geschätzter Regisseur und Künstler, am Samstag seinem Krebsleiden erlegen ist.
Es macht mich traurig und sprachlos — Es geht immer zu schnell!
Noch im Dezember durfte ich ihn anlässlich seiner Inszenierung "Sterben lernen!" im Theater Neumarkt erleben. (Perle vom 13. Dezember 2009)
So werde ich mich an ihn erinnern...

"So schön wie hier kanns im Himmel gar nicht sein!" Kiepenheuer & Witsch




Rosafarbene Catharanthe

Um Genaues über die Wirkstoffe meiner neuen Chemotherapie zu erfahren habe ich im Web über das Medikament nachgeforscht. Ich möchte verstehen, was da unter dem Namen Navelbine® in meinen Körper gelangt und was es bewirken soll.

Navelbine® (auch bekannt Vinorelbin) ist recht einzigartig unter den Chemotherapeutika. Die meisten Chemotherapeutika sind völlig synthetisch, hingegen ist Navelbine eine semi-synthetische Droge, die von einer blühenden Pflanze als Immergrün bekannt extrahiert wird.In der Pflanze Catharanthus roseus, synonym Vinca rosea — Rosafarbene Catharanthe auch Madagaskar Immergrün, wurden über 70 Alkaloide entdeckt, die eine biologische Wirkung besitzen und von medizinischem Interesse sind.
Das Hauptalkaloid in Catharanthus roseus ist Vindolin aus der Wurzel. Bedeutender sind jedoch Vinblastin und Vincristin. Diese beiden Alkaloide werden als Zytostatika in der Chemotherapie eingesetzt. Was sagt uns Wikipedia: diese Pflanze hat es in sich...
Navelbine® kann die Ausbreitung von Krebs verlangsamen und die vorhandenen Krebszellen abtöten und treibt diese in einen "zellulären Selbstmord"! Die Nebenwirkungen dieser Chemo-therapie sollen laut meiner Onkologin verhältnismässig gering sein.
Aber was heisst das schon! Nach den ersten zwei Infusionen kämpfe ich wieder gegen die Müdigkeit, Schmerzen im Rücken, ein leichtes Unwohlsein, und erstmals während einer Chemo gegen unangenehme rosafarbene Pusteln auf meiner Zunge!
Die semi-synthetische Droge mit ihren Nebenwirkungen bringt meinen bisherigen Lebensrhythmus ganz schön durcheinander und ich habe Mühe mich wieder an die neue Situation zu gewöhnen. Aber ich werde mich schon daran gewöhnen...

So mobilisiere ich wieder einmal meine positiven Kräfte: Ich mag rosafarbene Blumen und wenn sie wie die Rosafarbene Catharanthe über heilende Kräfte verfügen, umso besser!
Ich hoffe sehnlichst, dass durch die neue Chemotherapie meine Zellen den ultimativen Massenselbstmord begehen und meine unliebsamen Metastasen durch das Killerinverno eliminiert werden können... 

Illustration aus www.meinbrustkrebs.net / Therapien / Seite 19-20






Sonntag, 15. August 2010

Schon wieder!

Auf dem Nachhauseweg vom Spital lese ich in einer Abendzeitung eine Meldung über eine Krebsschwindlerin, die mit rasierten Augenbrauen, Glatze und traurigem Blick so tat, als wäre sie an Krebs erkrankt und sich auf diese Weise fünftausend Franken verdiente oder vielmehr erschwindelte! Die Frau wurde inzwischen in eine Klinik eingeliefert, da sie an einer Persönlichkeitsstörung leide...

Ich kann mit Sicherheit sagen, dass ich weder an keiner Persönlichkeitsstörung leide noch eine Schwindlerin bin, die mit ihrer Krankheit Geld verdient.
Bei mir ist der Krebs echt und erneut zu einer Bedrohung geworden!
Ich bin wieder da angekommen, wo ich im Spätsommer vor einem Jahr stehen geblieben war. Ich trete sozusagen vor Ort. Die Untersuchungswerte des aktuellen CTs sind nicht viel anders als die Resultate vor einem Jahr: unerfreulich. Schon wieder haben sich die Metastasen auf meinen Knochen ausgebreitet und der kleine Leberfleck von 8mm Grösse - laut Untersuchungsbericht eine mögliche Metastase - strahlt wieder genauso vor sich hin...

Dieses Mal wird mir eine Chemotherapie mit dem wohlklingenden Namen Navelbine® verabreicht (der Name erinnert mich natürlich an Bienen). Meine Haare werden mir nicht ausfallen, so dass rein äusserlich keine grossen sichtbaren Spuren erkennbar sein werden.
Ein weiteres Mal beginnt der medikamentöse Krieg gegen meine Metas, um diese unter Kontrolle zu kriegen und möglichst viele Krebszellen zu zerstören.






Krebs erschnüffeln


NZZ am Sonntag, 15. August 2010


 




Sonntag, 8. August 2010

Da muss ich durch!

Als Kind habe ich mir jeweils am Autofenster oder am Zugfenster erwartungsvoll die Nase flach gedrückt, bis ich die nahende Tunnelöffnung als ein immer grösser werdender Punkt ausmachen konnte, um für einen Bruchteil einer Sekunde blindlings im blendenden Tageslicht die Orientierung zu verlieren...

So würde ich mein momentaner Gemütszustand vor der nächsten Sprechstunde beschreiben.

Danke Iren für den Daibutsu.






Sonntag, 1. August 2010

Schmerzegal

Nach der Fahrt durch die Röhre ist kein Weisskittel vor Ort, der mich mit einer Grobdiagnose aus dem Untergeschoss des Stadtspitals Triemli entlässt. Ein weiteres Mal muss ich mich in Geduld üben, bis ich in zwei Wochen in der Onkologie-Sprechstunde das Ergebnis der CT-Untersuchung erfahren werde. Während dieser zermürbenden Zeit des Wartens sitzt mir meine alte Bekannte, "die Angst", wieder einmal unermüdlich im Nacken. Manchmal kommt sie winzig klein, manchmal überdimensioniert gross daher. Sie haftet wie eine Klette an mir. Durch Anwendung meiner beiden Schmerz-Strategien versuche ich sie mir vom Hals zu schaffen:
Die Sport-Strategie
Ich absolviere, wann immer möglich, meine regelmässigen Lauftrainings. Die sportliche Tätigkeit in der Natur ist Balsam für meine Seele. Dabei wird die Kalziumproduktion angeregt und meine Klapperknochen werden ausreichend mit lebenswichtigen Stoffen versorgt. Zudem schüttet mein Hirn massenhaft Glückshormone aus, welche die Angst vorübergehend im Keime ersticken. Beim Schwimmen tauche ich ab und die Angst geht buchstäblich baden...
Die Fleiss-Strategie
Ich entwickle ungeahnte Energien und bin richtig fleissig. Die Angst ignorierend sitze ich am Arbeitstisch bis mich der Schmerz beinahe vom Stuhl kippen lässt...

In diesem Sinne übe ich mich in diesen Tagen weiterhin in strategischer Geduld...

Ich Fuss voran in der Röhre, 26.07.2010!






Sonntag, 25. Juli 2010

Sommerhopsen

Die guten Resultate meines Juli-Herzechos lassen meinen Puls höher schlagen. Mein Herz schlägt, pocht und pumpt unverändert gut und lässt sich von Herceptin® nicht beirren.

Noch höher schlägt mein Puls, als ich das unerfreuliche Resultat meines aktuellen Tumormarkers erfahre. Seit Januar 2010 freute ich mich darüber, dass sich der TM auf Talfahrt befand und im Mai auf den konfortablen Wert von 150 absank, was auf einen äusserst stabilen Krankheitsverlauf schliessen liess! Nun bewegt er sich jedoch wieder nach oben. Im Sauseschritt hat er sich zu dem Wert vom Januar hinaufbewegt. Erstaunt über diese Entwicklung befinde ich mich nun wieder im Auf und Ab der Gefühle rund um meine Erkrankung...
Haben sich meine Krebszellen inzwischen ganz still und leise eine neue Strategie ausgedacht, um die wirkungsvollen Therapie-massnahmen auszuschalten und sich erneut hemmungslos ausbreiten zu können? Es scheint, dass der Medikamentenwechsel des Aromastasehemmers zum richtigen Zeitpunkt geschehen ist. Ich hoffe sehnlichst, dass das Aromasin® seine Wirkung so entfaltet, dass sich mein TM wieder talwärts bewegt!
Mein medizinisches Betreuungsteam macht sich Gedanken zu meinem derzeitigen Gesundheitszustand. Da mein letztes CT bereits 10 Monate zurückliegt, vereinbaren sie für mich einen Termin für eine CT Untersuchung! Schliesslich sollen meinen Krebszellen nicht durch Unachtsamkeit und versäumte Kontrolle die Möglichkeit erhalten, sich heimlich den Weg in meine Organe ebnen zu können...

So werde ich am kommenden Montag im Untergeschoss des Stadtspital Triemli erneut aus dem Innern meiner Selbst strahlen...






Sonntag, 18. Juli 2010

Nebenwirkungen

Ich beklagte mich vor einiger Zeit bei meiner Onkologin über die auftretenden Nebenwirkungen des Aromastasehemmers Femara®. Wo bleibt meine Lebensqualität, wenn ich jeden Morgen mit höllischen Knochen- und Gliederschmerzen in den Beinen und anderswo erwache und mich dabei älter als alt fühle?
Also bat ich Frau Dr. H darum, Femara® nach Möglichkeit durch ein anderes Präparat zu ersetzen, das bei mir im besten Falle weniger starke Nebenwirkungen hervorrufen würde.
Meine Onkologin zeigte Verständnis für einen Medikamentenwechsel. Seit gut drei Wochen nehme ich nun täglich eine weisse Pille des Aromastasehemmers Aromasin® ein.
Natürlich treten auch bei diesem Präperat Nebenwirkungen auf. Einige sind mir geblieben, immerhin in abgeschwächter Form: die lähmende Morgenmüdigkeit , die Taubheit in meinen Händen und Fingern... Aber alles nur Kickerlitzchen!
Denn meine morgendlichen Knochen- und Gliederschmerzen in den Beinen und anderswo, die mir das Aufstehen täglich zur Qual machten, sind nur noch minimal spürbar! Am Morgen steige ich wieder recht flink aus den Federn und manchmal jucke ich sogar übermütig und sehr gelenkig aus dem Bett!

Im Verlaufe der nächsten Monate wird sich zeigen, ob es bei der Behandlung mit Aromasin® genauso erfolgreich zur Senkung meiner Östrogene und damit zu einem verminderten Wachstumsreiz auf die Krebszellen kommt.
Inzwischen freue Ich mich aber über die verhältnismässig "harmlosen" Nebenwirkungen.






Sonntag, 11. Juli 2010

Patti Smith

Ich sammle "kleine" kostbare Perlen, die ich liebevoll zu meinem Leben aneinanderreihe.
Das Patti Smith Sommerkonzert am See in der Roten Fabrik formte sich zu einer solchen.

Patti Smith hat sich ihre Intensität und Glaubwürdigkeit auch noch mit 63 Jahren bewahren können. Das ist eine Leistung, die mich an diesem Abend sehr beeindruckt hat. Die singende Poetin vermag immer noch das Publikum zu begeistern. Gemeinsam mit ihrer Band rockt sie mit uns durch den Sommerabend: zerbrechlich, nachdenklich, euphorisch, intensiv. Dazwischen immer wieder kleine, feine politische, persönliche oder psychedelische Ansagen an das hingerissene Publikum.

Patti Smith glaubt an das Gute im Menschen. Ihre Art und Erscheinung ist sympathisch, ungekünstelt. Ihr Engagement ist ehrlich und spiegelt sich auch in ihrer Arbeit.
"Just a lovely person", wie sich unser kanadischer Freund W. immer wieder über sie äussert: Einfach ein lieber Mensch.
In ihrem neusten Buch "Just Kids" schildert sie zärtlich, offen und mit feinem Humor die bewegende Geschichte ihrer Freundschaft mit Robert Mapplethrope und das Leben als Künstlerin im New York der frühen siebziger Jahre. Auch hier ist so viel von dieser "lovely person" zu spüren. Ihr Buch hat mich sehr bewegt und meine Erinnerung an ihr Konzert liegt als kostbare Perle in meinen Händen...
 
"Just Kids" 2010 Kiepenheuer & WitschPatti Smith, Zürich 2010






Sonntag, 4. Juli 2010

Vier

Ich habe dem Krebs ein weiteres Jahr abgerungen und feierte diese Woche meinen Geburtstag, den vierten mit Krebs!

Einen Tag vor meinem Geburtstag lag ich bei sommerlichen Temperaturen mit meinem fliegenden Teppich ("le Tapis Volant") in der Glücksgabenanstalt am Tropf.
Während die Infusionen langsam über den Porth in mein Blutkreislaufsystem gelangten, holten mich die Erinnerungen an die Vergangenheit ein. Ich erinnerte mich, wie ich mich vor genau einem Jahr auf derselben klarblauen Liege installiert hatte und in eine neue Taxol-Weekly startete...
Glücklicherweise lag ich auf meiner Lieblingsliege am Fenster, durch dessen Öffnung meine Augen und Gedanken (schon so oft) entfliehen konnten.
So liess ich meine Vergangenheit und Krankengeschichte (KG) in der Glücksgabenanstalt zurück, um einem ereignisreichen kommenden Jahr in der Weite einer satten, grünen Wiese am Fusse des Uetliberges entgegen zu sehen...

In der Gegenwart, am Tag meines Geburtstages, wurde ich gefeiert und verwöhnt von meinem Liebsten und meinen FreundInnen. Ich freute mich über die zahlreichen herzlichen Telefon- Karten-mail-Facebook-wünsche...

Auch ich beschenkte mich an diesem Freudentag!
Ich werde am "11. Race for the Cure®" am 26. September 2010 in Frankfurt teilnehmen.
Wie kam es dazu?
K.T. rief uns Betroffene über Facebook auf, ihrem eigens für diesen Lauf gegründeten Rennteam "Ballamännchen" beizutreten und in Frankfurt an den Start zu gehen. Laufbegeisterte Brustkrebs-Betroffene sollten gemeinsam als Team mitlaufen. Warum eigentlich nicht? Die Idee gefiel mir und E.B.Z. - einer weiteren Facebook Bekannten - so gut, dass wir dem Rennteam beigetreten sind. Gemeinsam werden wir nach Frankfurt reisen und dabei die anderen Läuferinnen kennenlernen.

Bis es aber soweit ist, trainiere und pflege ich meine Muskeln, damit sie rechtzeitig bereit sind...






Samstag, 26. Juni 2010

Ich stelle eine Frage

Seit ich an Krebs erkrankt bin arbeite ich nur noch Teilzeit. Aber wann immer ein Auftrag ansteht, erledige ich diesen mit viel Herzblut, denn in solchen Momenten erlebe ich die Normalität des Arbeitsalltages, den ich manchmal so sehr vermisse.

Im kreativen Bereich kommt es ab und zu vor, dass für ein Projekt keine Entlöhnung vorgesehen ist. Null, Zero, Njet! Dafür geniesst man aber eine gestalterische Narrenfreiheit. Auf einem Blatt Papier zum Beispiel, begrenzt durch die Ränder und Ecken. Das ist äusserst spannend!

Vor einigen Wochen erhielt ich eine Anfrage von meinem Nachbarn D. K., ob ich Lust hätte mich mit einem Beitrag für casuallocations.com zu beteiligen. Das ist eine internationale Internetplattform im Bereich Kunst und Kommunikation, die zur Zeit auch auf Züritipp Online publiziert wird.
Meine Aufgabe besteht darin, eine Wochenfrage an die UserInnen zu stellen und eine Auswahl derer Antworten illustrativ umzusetzen.
Damit mir die Antworten der UserInnen eine gute Arbeitsgrundlage bieten können, musste ich mir eine unverfängliche und Fantasie anregende Frage einfallen lassen.
Zu welcher Frage würde ich als Userin gerne eine Antwort schreiben? Und welche Frage würde in meinem Hirn ein fantasievolles Ideengewitter auslösen?
Ich machte mir einige Gedanken dazu, doch bald war mir klar, dass die Frage Möglichkeiten bieten sollte, träumerisch und surreal antworten zu können...
WAS MÖCHTEN SIE SEHEN, WENN SIE ERWACHEN?
Nun bin ich sehr gespannt, ob die Antworten zu meiner Wochenfrage in mir einen "Kreativitätsschub" auslösen werden. (zirka ab 29.6.10)

Natürlich hoffe ich auf zahlreiche traumwandlerische und fantasivolle Antworten in Chinesisch, Englisch und Deutsch...
Und es würde mich freuen, wenn sich auch einige meiner Blog-LeserInnen an dieser Aktion beteiligen würden!




Sonntag, 20. Juni 2010

Bobster 2010

Während der letzten drei Wochen verzichtete ich unfreiwillig auf meine Läufe, doch zeigten sich erste Entzugserscheinungen! Immer wieder ertappte ich mich dabei, wie ich in der Wohnung erste Renn-Versuche unternahm. Sie waren erfolgreich und schmerzlos, was bei den möglichen Distanzen nicht erstaunt...
Doch bevor ich mich endgültig dazu entschliesse, mein gewohntes Training über kleinere Distanzen wieder aufzunehmen, wollte ich mein "muskuläres Problem" (wie sie so schön an der WM sagen) einer standfesten Belastungsprobe unterziehen: beim Konzert von Bob Dylan und seiner Band.

Gegen meine Rückenschmerzen schluckte ich vorsätzlich eine kleine, weisse Schmerztablette. Diese würde im Notfall auch gegen auftretende Hüftschmerzen wirken!
Die Belastungsprobe begann gestern um 18:30 Uhr und endete kurz nach 22:00 Uhr!
Wir standen:
1/2 Stunde vor der Türöffnung im Regen und warteten auf Einlass.
1 1/2 Stunden vor Konzertbeginn vor der Bühne, um unseren optimalen Stehplatz besetzt zu halten.
2 Stunden mit Hunderten von anderen Menschen in der vollbesetzten Messehalle von Dornbirn und verfolgten das Konzert von "Bobster" und seiner Band. Der alte Herr war magisch und für einmal sogar richtig übermütig. Er lächelte viel und schien die Show zu geniessen. Es war ein Highlight!
Überglücklich und zufrieden verliessen wir nach dem Konzert das "Testgelände".

Meine Oberschenkelmuskeln überstanden diese Belastungsprobe äusserst erfolgreich. Ein weiterer Erfolg: Zum dritten Mal seit meinem Schwur von 2007 (siehe blog „Bobster“ vom 19. April 2009) konnte ich gemeinsam mit meinem Mann ein weiteres Konzert dieses rastlosen Musikers erleben.
Einmal mehr beobachtete ich die Fenders, Gretschs, Rickenbackers der Gitarristen und genoss meinen kleinen persönlichen Triumph über den Krebs und meine wiedererlangte Muskelkraft mit jedem Auf- und Abwippen meines Körpers!

"Grand Senior", Dornbirn 2010






Samstag, 12. Juni 2010

Knacken

Was am letzten Samstag als leichtfüssiger Lauf begann, endete mit einem Knacken, ein sportlicher Alptraum!
Doch von Anfang an...

Ich war optimal vorbereitet und startete bei sommerlichen Temperaturen zum 11.2 km langen Zumikerlauf. Ein schöner Lauf durch eine hügelige Wiesen- und Waldlandschaft. Ich war gut unterwegs, hatte ein schnelles Tempo gefunden. Alles lief rund. Bis Kilometer 7.

Kurz vor dem zweiten Verpflegungspfosten verlangsame ich meine Laufgeschwindigkeit, um mir einen Pappbecher mit Wasser zu schnappen. Aus dem Innern meines Bewegungsapparates ertönt plötzlich ein lautes Knacken, als würde ein dürrer Ast geknickt. Augenblicklich folgt ein stechender Schmerz. Für einen kurzen Augenblick wird mir schwarz vor den Augen. Ich renne sofort weiter. Doch der Schmerz rennt mit. Ich humple. Ich renne. Ich humple. Unter quälenden Schmerzen, zwischen Aufgeben und Adrenalinausschüttung beende ich das letzte Drittel des Laufes.


Zwei Tage später, anlässlich meiner Glücksgabe, schickten mich meine beiden Ärztinnen vorsorglich ins Röntgen. Es hat zwar geknackt, aber glücklicherweise ist der Hüftknochen heil geblieben. Meine überdehnten, gezerrten Muskeln hingegen müssen fleissig gesalbt werden und brauchen viel Ruhe.


Für einmal ist es nicht der Krebs, der mich bedroht und meinen Lebensrhythmus durcheinander bringt, sondern eine Sportverletzung. Schon irgendwie seltsam, dass ich für so eine Lappalie (gemessen am Krebs)
medizinischen Beistand benötige!




Sonntag, 6. Juni 2010

Glücksmaus

Die Schlagzeilen der Woche:
"Impfstoff gegen Brustkrebs: Erste Tests waren erfolgreich", "Impfung gegen Brustkrebs im Labor getestet", "Impfung gegen Krebs: Hoffnung für Brustkrebs-Patientinnen", "Prototyp eines Brustkrebs-Impfstoffs"...
In verschiedenen Artikeln lese ich, mehr oder weniger ausführlich beschrieben, dass US-ForscherInnen aus Cleveland einen Impfstoff entwickelt haben, der Mäuse vor einem Mammakarzinom schützte und bereits existente Tumore verkleinerte.
Sie haben den Impfstoff an Mäusen getestet und damit viel versprechende Resultate erzielen können. Der neue Impfstoff wurde zur Behandlung der sogenannten HER2-positiven Krebsform eingesetzt, die 20 bis 30 Prozent aller Brustkrebspatientinnen betrifft. Wunderbar, wenn dieser Ansatz einen Durchbruch in der Brustkrebsbehandlung bedeuten würde...
Bisher wurden solche Versuche jedoch nur an Mäusen durchgeführt. Glücksmäuse! Der Impfstoff soll aber bereits in einem Jahr an Menschen erprobt werden. Das klingt sehr optimistisch und vielversprechend...
An Stelle der Cleveland-Mäuse werden sich Menschen für klinische Studien im Kampf gegen Brustkrebs zur Verfügung stellen.
Ich für meinen Teil würde gerne den Part eines Un- oder Glückspilzes übernehmen, denn schliesslich ist mein Tumor HER2-positiv, somit passe ich vorzüglich in die eine oder andere Probandengruppe, als menschliche Versuchsmaus, äh, Glücksmaus.



Freitag, 28. Mai 2010

Orange

Orange ist eine Farbe die ich besonders mag.
Es gibt einige Logos in orange: Migros, coop, The future's bright, the future's orange und so auch das Logo der schweizerischen Krebsliga.

Die Krebsliga hat eine Solidaritätsaktion «Unterwegs gegen Krebs» für morgen Samstag organisiert. Orange setzt ein Zeichen im Kampf gegen den Krebs! Betroffene, deren Familie, Freunde, ArbeitskollegInnen und Nachbarn werden sich in orangefarben T-Shirts am 29. Mai 2010 aus verschiedenen Kantonshauptstädten in Richtung Bern bewegen und an dem nationalen Solidaritätsevent der Krebsliga teilnehmen.

Mit meiner Freundin M. werde auch ich anreisen - zwar ohne orangefarbenes T-Shirt, dafür mit anhaltenden Gelenkschmerzen - um an der Gründungsplattform der "Patienten Koalition" teilzunehmen. Für die Idee, in der Schweiz eine Patienten Koalition zu gründen, hat das Modell der "European Cancer Patient Coalition" Pate gestanden. Sie ist die Stimme der Krebspatientinnen und -patienten in Europa und vertritt deren Interessen gegenüber Politik, Gesundheitsfachleuten, Medien und Öffentlichkeit.
Es ist zu hoffen, dass durch diese Plattform in Zukunft auch die Patientinnen und Patienten in der Schweiz ihre Erfahrungen auf politischer Ebene direkt einbringen können. Schliesslich sind wir die die ExpertInnen in Sachen Krebserkrankung!






Sonntag, 23. Mai 2010

Knochenkitt

Letzte Woche schmerzten meine Knochen so sehr, dass ich mir nichts sehnlichster wünschte, als meinen intravenösen "Knochenkitt" (Zometa) zu erhalten. In der Wirbelsäule, in der Hüfte und in den Beinen tobte sich der Schmerz aus. Schmerzgesteuert bewegte ich mich durch den Alltag und muss dabei sehr alt ausgesehen haben!
Zähneknirschend verzichtete ich auf meine Lauftrainings. Wie schon so oft halfen mir weisse Tabletten den Schmerz zu unterdrücken.
Doch meine Knochen und ich schrien förmlich nach den Bisphosphonaten, die zur erhöhten Knochendichte beitragen und auch ein Schutzschild gegen die aggressiven Krebszellen bilden sollen...

Endlich. Am Dienstag war es soweit, der "Knochenkitt" tropfte via Port in mein Kreislaufsystem.

Meine Onkologin meinte, sie würde sich eigentlich schon lange darüber wundern, dass ich mit diesen Knochen überhaupt noch in der Lage sei, meine Lauftrainings zu absolvieren...
Diese Äusserung will ich als Kompliment verstehen und mir im Moment zu meinen Klapperknochen keine weiteren Gedanken und Sorgen machen. Vielmehr freue mich über die positive Nachricht, dass mein TM um weitere 19 Punkte gesunken ist!


Einen Tag nachdem ich die Medikamente erhalten habe, fühle ich mich sehr klapprig und die Knochen schmerzen noch immer. Bis mir meine Gelenke endlich wieder gehorchen und die Nebenwirkungen abgeklungen sind, werde ich mich noch einige Tage in Geduld üben müssen...







Sonntag, 16. Mai 2010

Weisskittel

Als Patientin gebe ich einiges aus meinem Leben preis. Das beginnt schon damit, dass ich den ÄrztInnen in meinen persönlichen Kleidern gegenüber trete. Sie hingegen im Weisskittel. Für mich ist es nicht unwesentlich, mit wem ich es zu tun habe oder wer mir zum Beispiel eine Nadel steckt.
GynäkologInnen, ChirurgInnen, Pflegefachfrauen sind konsequent von Kopf bis Fuss in weiss uniformiert. Da ist es nicht ganz einfach sich ein Bild zu machen. Ich suche nach Attributen, die mir vielleicht etwas über den Menschen erzählen könnten. Bestenfalls erzählt der Haarschnitt, die Frisur, eine Brillenfassung, ein markantes Schmuckstück, Hosenträger oder Schuhe etwas über den Menschen unter dem Weisskittel.
Die OnkologInnen tragen einen Langarm-Weisskittel über ihrer Kleidung, der meistens offen getragen wird. Das macht die Sache natürlich um einiges einfacher. Trotzdem frage ich mich, ob ich die Weisskittel ausserhalb des Krankenhauses wieder erkennen würde. Oder sie mich umgekehrt als eine ihrer Patientinnen wahrnehmen würden...

Foto: Weisskittel in Japan






Sonntag, 9. Mai 2010

Perücke

Während meiner Chemotherapie im Ambulatorium habe ich vor gut einem Jahr Mitpatientin P. kennen gelernt. Inzwischen sind wir Freundinnen.
Als sie mir letzte Woche erzählte, dass ihre Chemo in Tablettenform nicht die gewünschte Wirkung zeige und sie nun eine weitere Chemotherapie mit Infusion erhalten werde, hat mich das sehr berührt und betroffen gemacht. Speziell für Menschen, die man gut mag, wünscht man, dass der Krebs mit seinen Metas ewig und für immer in einen stabilen Zustand verharren möge...
Und wenn er sich wieder still und heimlich zurück meldet, macht einem das ganz schön wütend!

Aber jede Chemotherapie ist eine Chance. Man geht diesen Weg, denn am Ende leuchtet (hoffentlich) wieder die Normalität des Lebens! Auch P. geht diesen Weg mit viel "spirit" und positiver Einstellung.
Sie hat diese Woche mit der neuen Chemotherapie begonnen. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie ihre Haare verlieren wird, liegt bei 50%! Der Termin bei der Perückenmacherin hat sie also vorsorglich organisiert. P. fragte mich, ob ich sie dabei begleiten würde, was mich sehr freute.

Das Sortiment der Perücken ist gross. Wir fabulieren über mägliche Identitäten, die man sich während einer Chemotherapie zulegen könnte:
Mal blonder Vamp, mal schwarze Katze, mal rot blau grüne Fee... Identitätenswitch! Doch an den Schaufenstern des Perückenladens steht in grossen Lettern: "Natürliches - schönes Haar".
Die Perücken sind aber aus künstlichem Haar gefertigt, sehen jedoch ziemlich echt aus. Vor uns liegen einige Modelle, die nun der Reihe nach auf P.'s Kopf gesetzt und in Form gebracht werden.
Mal brav, mal Hausmütterchen, mal keck und frech und schon ist die richtige gefunden, die P.'s Haar, ihrem Schnitt und ihrer Haarfarbe entsprechen und zu ihrem Hauttyp passen.

Ihre Tochter hat sich für diese Chemo "ein Mami mit langen Haaren" gewünscht. So lässt sich P. zuletzt eine schwarze Langhaarperücke aufsetzten. Sie sieht wirklich gut aus und strahlt mir entgegen, als ich mit meiner Kamera — klick — diesen Augenblick festhalte.

Schliesslich unternehmen wir eine kleine Busreise in den Kreis 5, wo wir wir bei einem gemütlichen Mittagessen im Restaurant Viadukt die erfolgreiche Anprobe im Perückenladen beschliessen und zuversichtlich in die Zukunft blicken...

Einen Tag nach unserem Besuch im Perückenladen, erreicht mich ein Mail:
"Black Hair beauty is not smiling anymore. Es chunt scho wieder besser."
Vier Tage nach Erhalt ihrer Chemotherapie entfalten sich nun die unliebsamen Nebenwirkungen in ihrem Körper... Ich wünsche P. sie gehen schnell vorbei.






Samstag, 1. Mai 2010

Stricken Sie mit!

In der Schweiz lanciert die Krebsliga jeweils im Oktober den InfoMonat Brustkrebs. Unter dem Motto "Gemeinsam gegen Brustkrebs" soll die Kampagne der Krebsliga sensibilisieren und gleichzeitig Wissen über Risiken und Früherkennung von Brustkrebs vermitteln.
Am 1. Oktober 2010 wird auf dem Waisenhausplatz in Bern eine gestrickte Solidaritätsschleife von zwölf Metern Höhe auf eindrückliche Art auf die Thematik Brustkrebs aufmerksam machen.

"Die Schweiz* strickt ein Symbol der Solidarität. Stricken Sie mit!"

Stricken sie ein rosafarbenes Teilstück in der Grösse von 30 x 30 cm und senden Sie Ihr gestricktes Plätzchen bis 21.Juni an die Krebsliga Schweiz.
Also stricke ich an einem rosa Teilstück der Solidarität von 69 Maschen in der Breite und 69 Rippen in der Höhe. Mal Solidarität hin, mal Solidarität her, während sich vor meinem inneren Auge hunderte, ja tausende von rosafarbenen Teilstücken zu einer rosa Schleife, dem Symbol der Solidarität, formieren...

BRUSTfreundInnen lasst die Strickadeln weltweit* klappern!






Sonntag, 25. April 2010

Alpträume

Ich stelle fest, dass ich seit einiger Zeit zwischen acht Uhr und halb neun Uhr am Abend sehr müde, aber zufrieden, ins Bett sinke.
Keine Lust auf Ausgang — lieber erst einmal unter das wärmende Duvet schlüpfen, eine Liebesgeschichte von Hiromi Kawakami "Der Himmel ist blau, die Erde weiss" zur Hand, zwischen deren Zeilen ich mich schon bald von der realen Welt verabschiede und in die Welt der Träume abtauche.

Einige Traumsequenzen später bin ich nass geschwitzt und entledige mich des wärmenden Duvets. Im weiteren Verlaufe der Nacht durchstreife ich Felder von gelbem Löwenzahn in der Hoffnung, dass sie mit meiner pflegenden Hingabe ewig blühen und sich nicht zu einem Feld von Pusteblumen entwickeln mögen... (blog: Von Pusteblumen und anderen Blumen, 10. Mai 2009). Immer wieder wache ich auf.

Ich leide hin und wieder unter Ängsten, die sich in Form von Träumen mit geballter Kraft in meinem Hirn entleeren.
Da ist meine Angst, dass ich das Bett kaum mehr verlassen kann, weil der Krebs mit seiner lähmenden Müdigkeit auch noch den Tag zur Nacht macht. So dass ich Tage und Nächte schlafend verbringen werde, ohne Zeitgefühl, bis sich wie bei einer Langzeitbelichtung schliesslich die Linse ganz langsam für immer schliesst. Klick - Aus und vorbei ist dann mein Leben!

Ab sofort werde ich mir in Zukunft wieder vermehrt ein Mittagsnickerchen gönnen! Das bekämpft meine Tagesmüdigkeit.






Samstag, 17. April 2010

Vorher und Nachher

Seit meiner Einnahme von Aromatasehemmer (femara) erwache ich regelmässig einmal, zweimal, nass geschwitzt und heiss wie ein glühendes Kohlenbrickett. Dann finde ich nur schwer in den sehnlichst herbeigewünschten Schlaf zurück.
Unliebsame Schlafstörungen und Gelenkschmerzen, die mir jeden Morgen die "Langsamkeit des Seins" vor Augen führen, wollte ich mir vor dem Start zum Marathon unbedingt ersparen.

Vor dem Rennen
Nach Absprache mit meinen ÄrztInnen verzichtete ich in den drei Tagen vor dem Start auf die Einnahme des Aromatasehemmers.
Meine femara-Beschwerden hatten vorübergehend Zwangsurlaub.
Ich hatte schon beinahe vergessen wie es sein kann, eine ganze Nacht ohne Unterbruch durchschlafen zu können! Am Sonntagmorgen stieg ich vier Stunden vor dem Start aus den Federn, gut ausgeruht und hoch motiviert. So blieb mir genügend Zeit um meinen Körper für den bevorstehenden Exploit in Schwung zu bringen, bis ich mich mit meinem Coach (= mein Liebster) auf den Weg zum Startgelände des Zürich Marathon machte...

Nach dem Rennen
Im Zieleinlauf erwarten mich (Nr. 1160, Laufklub "Running with Cancer") liebe FreundInnen, die mich auf den letzten Metern ins Ziel anfeuern und fliegen lassen. Die Endorphine sind mir gewiss!
Zuhause feiern wir alle zusammen bei einem grossen Teller Spaghetti, die der Coach während des Marathons für uns vorbereitet hat: Kohlenhydrate für die Läuferin!
Schon beim Zieleinlauf ist mir bewusst, dass meine diesjährige körperliche Verfassung um einiges besser ist wie im vergangenen Jahr. Das zeigt sich auch noch am folgenden Tag. Mein Muskelkater hält sich in Grenzen und die Treppen schaffe ich problemlos.
Sind das die anhaltenden Endorphine? Wohl kaum. Es ist meinem unermüdlichen Training und meiner derzeitigen guten Verfassung zuzuschreiben (trotz und mit meinen Metas).

Jetzt

Wieder Aromatasehemmer: Der Medikamentenalltag ist zurück und mit ihm die unliebsamen Schlafstörungen und Gelenkschmerzen...