Samstag, 31. März 2012

Won't Be Long — Bin gleich soweit

Es sind bereits neun Monate vergangen, seit in meinem Kleinhirn erstmals Metastasen aufgetreten sind. Nach einer intensiven Bestrahlung und der Einnahme entsprechender Medikamente bewegte sich mein Tumormarker zu meiner grossen Erleichterung schrittweise nach unten. Und mit meinen Kopfschmerzen und dem gelegentlichen Schwindel komme ich gut zurecht: schliesslich kann ich auf Medikamente zurückgreifen, die äusserst hilfreich sind.

So bin ich guter Dinge, als ich mich am letzten Dienstagnachmittag zur Kontrolle in die Maternité begebe.
Am Abend der Anruf meiner Onkologin Frau St. Aus den Lautsprechern unseres Radios ertönt die Stimme von Aretha Franklin mit dem passenden Songtitel "won't be long"— bin gleich soweit.
Diesmal ist es keine gute Nachricht*. Ich atme tief durch als sie mir erklärt, dass der TM-Wert von heute Nachmittag wieder in die Höhe geschnellt ist. Es bleibt noch ein einziger Pfeil im Köcher "Tyverb", den wir gegen meinen Krebs abschiessen können. Frau St. schlägt vor, die Dosierung von Tyverb auf das Maximum zu erhöhen. Vielleicht lässt sich der TM so erneut senken...

Ich rechne es meiner Onkologin Frau St. hoch an, dass sie mich umgehend informiert und eine sofortige neue Therapiestrategie vorgeschlagen hat. Ich bin soweit! Auf dass wir den TM wieder zum Tiefflug bringen!

*siehe blog "Zukunftsgedanken" vom 24. Dezember 2011

Aretha Franklin "Aretha with the Ray Bryant Combo" 1961








Sonntag, 25. März 2012

Normalität

Mir wird so oft bewusst, dass Normalität vor meiner Erkrankung eine andere war, als sie es jetzt ist. Vieles ist nicht mehr möglich, aber trotzdem habe ich neue Strategien gefunden, dass sich in meinem Leben Normalität einstellt. So bin ich bis auf Weiteres mit meinem Krebs unterwegs, schnell und hellhörig, damit er mich im Normalzustand des Alltages nicht einfach so abhängen kann...

Dieses Wochenende wurden wir von Pipilotti Rist zu ihrer Ausstellungseröffnung "Augapfelmassage" in Mannheim eingeladen. Es war ein wunderschöner Ausflug zu einer wunderbaren Ausstellung, Kompliment... So aussergewöhnlich kann mein normales Leben manchmal auch sein! 

Meiner Freundin (und Auftraggeberin) ein Dankeschön für die wohltuende Augapfelmassage!


 






Samstag, 17. März 2012

Sternenguckerin

Wenn ich unter Schlaflosigkeit leide, drehe ich manchmal eine Runde durch die Wohnung und beobachte je nach Wetterlage vom Fenster aus den Nachthimmel.
Seit einiger Zeit bietet sich bei klaren Verhältnissen ein besonderer Anblick: Gut sichtbar strahlen Venus, bekannt als Abendstern, und Jupiter um die Wette. Den speziellen Glanz und die Leuchtkraft der beiden Gestirne machen meine schlaflosen Nächte zu leuchtenden Nächten.

Eine Zeitungsmeldung brachte Klärung: Venus und Jupiter tauschen gewissermassen ihre Plätze und ziehen bis zum 15. März in einem Abstand von nur drei Grad aneinander vorüber.
Bis zum Monatsende hin kommt auch noch der Mond dazu und zieht als dünne Sichel am 25.März am Jupiter und einen Tag später an der Venus vorüber. Dieses spezielle Ereignis findet nur alle elf Jahre statt! 

Es steht vielleicht in den Sternen, ob ich dieses Spektakel auch noch im Jahre 2023 beobachten kann...  Wie auch immer: In diesen Tagen freue ich mich sehr über die aussergewöhnliche Gelegenheit und verweile in den nächsten schlaflosen Nächten als Sternenguckerin am Fenster, um die spektakulären Bewegungen und das Funkeln der Gestirne mitverfolgen zu können!








Sonntag, 11. März 2012

König Krebs

Als ich in der Zeitung erstmals einen Hinweis auf das Buch von Siddhartha Mukherjee 'Der König aller Krankheiten Krebs — eine Biographie' gelesen habe, rollte ich mit meinen Augen und dachte im ersten Moment: Schon wieder so ein Krebswälzer!
Doch die Rezensionen weckten schliesslich meine Neugierde. Seit dieser Woche habe ich den Wälzer und er liegt mal da, mal dort: Jede Gelegenheit wird genutzt, um im spannend und packend geschriebenen Buch weiterzulesen...

Der Autor, Arzt und Wissenschaftler S. Mukherjee widmet sich dem "Krebs" aus verschiedenen Perspektiven, aus der eines Zellbiologen, eines Historikers und letztendlich eines Biografen.
"Es ist die Geschichte von Leid, von Forscherdrang, Ideenreichtum und Beharrlichkeit — aber auch von Hochmut, Arroganz und unzähligen Fehleinschätzungen", heisst es treffend im Klappentext.
Das Buch gehört absolut nicht zu den (oft sektiererischen) Ratgebern, die jährlich den Büchermarkt überschwemmen und die meine Augen immer wieder zum Rollen bringen. Es ist wahrlich ein Wälzer — aber einer der guten Sorte!







Sonntag, 4. März 2012

Frühlingsboten

Nach meinem Kontrollbesuch dieser Woche in der Maternité schwebe ich sozusagen auf einer Wolke. Blut-, Leber- und Nierenwerte sind stabil geblieben, zeigen keine Auffälligkeiten und sind somit im grünen Bereich.

Zur Verlaufskontrolle gehört immer wieder die Ermittlung des Tumormarkers.
Zu meiner Überraschung ist der TM nochmals gesunken, von 740 auf 669. Nichts deutet darauf hin, dass sich in meinem Blut übermässig viele Stoffe zur Begünstigung des Wachstums von Krebszellen tummeln.

Stabil. Das macht mich glücklich! Trotzdem mache ich mir jeweils Gedanken. Was, wenn das Lapatinib seine Wirkung verlieren sollte und der TM sich schlagartig wieder in die Höhe bewegen könnte?
Obwohl ich mir im Klaren darüber bin, dass es müssig ist, sich Gedanken über über die diversen Möglichkeiten punkto Krankheitsverlauf zu machen. Denn letztendlich bescheren sie mir nur schlaflose Nächte und keine gewinnbringende Erkenntnisse. Also werfe ich solche Gedanken immer wieder von neuem über Bord!
Das Jetzt in meinem Leben zählt und alles Weitere wird sich weisen...

Die Zukunft zeigt sich diese Woche im Onkologischen Ambulatorium von einer ausserordentlich glücklichen Seite: Mutterfreuden für Frau Dr. P.! Sie stellt uns ihren Nachwuchs M. im Ambulatorium vor, zur Freude des Careteams und der anwesenden Patientinnen. Gratulation!

Strickjäckchen für M.


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