Sonntag, 13. Dezember 2009

Schön, ich bin wieder da!

Letzten Sonntag am ersten Advent war der Himmel grau, ein Tag um zu verhängen. Gemeinsam mit Freundin M. sinnieren wir einen Nachmittag lang bei einem Grüntee über dies und das und erzählen von unserer Japanreise. Dabei vergeht die Zeit im Fluge.
Als mein Liebster und ich schliesslich in Richtung Neumarkt ("Theater fürs Establishment") aufbrechen, sind wir bereits zu spät, um pünktlich in die Vorstellung "Sterben lernen!— Herr Andersen stirbt in 60 Minuten" von Christoph Schlingensief zu gelangen. Aber wir haben Glück und können uns noch kurz vor dem Kunsthaus der feierlich-andächtigen Prozession von Akteuren und Publikum anschliessen, die sich in Richtung Schauspielhaus bewegt.
Es wird ein intensiver Theaterabend, trotz verpasstem ersten Teil. Schlingensief konfrontiert uns mit philosophischen und eigenen Zitaten zum Thema "Sterben lernen", mit stimmigen Szenen, Bildern und Tönen. Der (krebskranke) Regisseur sprüht vor Energie inmitten seiner Akteure und seiner Inszenierung, brillant. Ich tauche ab und ein — mit meinem Gehör und meinen Augen!
Nach der Vorstellung bin ich unendlich glücklich und begeistert. Ich fühle und denke mir: "Schön, ich bin wieder da! Jetzt, in diesem Moment!"
Denn mein Körper hat für einmal wieder Pause, Chemotherapiepause, und erholt sich tagtäglich und lässt mich wieder mit Energie und Ausdauer am Leben teilhaben.

In dieser Woche fügte sich eine Perle zur anderen. Der schöne Nachmittag, der Besuch im Theater, ein neues Arbeitsprojekt, gemütliche Abende mit FreundInnen, und letztendlich bin ich heute den Silvesterlauf 2009 gelaufen...
Der verloren gegangene Zustand von Normalität kehrt in mein Leben zurück. Festhalten will ich sie, diese Glücksmomente — und hoffe, dass sie mir noch lange erhalten bleiben...