Sonntag, 16. Oktober 2011

Aschenfreiheit

Als mir mein Liebster augenzwinkernd die Zeitung zum Lesen gab, meinte er schmunzelnd: Vielleicht sollte ich deine Asche zu einer Schallplatte verarbeiten lassen. Auf der leeren Vinylscheibe wärst du dann als Knistern zu hören...¹

Amüsiert las ich, dass man aus der Asche der lieben Verstorbenen einen synthetischen Diamant herstellen lassen kann, dass die Asche in die ewige Stille des Weltall geschossen oder eben zu dreissig Schallplatten gepresst werden kann (wahlweise auch mit Musik).

Vor dem Sterben habe ich keine Angst, denn sterben gehört zum Leben. Aber vor der Vorstellung, dass dreissig meiner Freunde eine Vinylscheibe als Erinnerungsstück in ihren Händen halten würden, hingegen schon.
Grauslig...

Als ich vor zwei Monaten das Gefühl hatte, am Abgrund zu stehen, dass ich vielleicht bald sterben könnte, machte ich mir Gedanken, wie und wo meine Asche letztendlich aufbewahrt werden sollte.
Irgendwo an einem von meinem Liebsten ausgewählten Platz wird meine Asche in der Natur verstreut. Das nennt sich hierzulande im Fachjargon "Aschenfreiheit"

¹Thomas Wyss: "Urne? Nein, lieber Schallplatte!", Tages-Anzeiger 7.10.2011