Sonntag, 20. September 2009

Un ga ii desu ne!*

Wegen mangelnder Platzkapazität wurde meine Chemotherapie von dieser Woche vom Montag auf den Mittwochnachmittag verschoben.
Das “unerwartete Glück“ nahm seinen Anfang im Pflegefachfrauen-Zimmer bei Frau A. L., wo ich als erstes jeweils auf die Waage stehe und heute erkennen muss, wie ich von Mal zu Mal in kleinen Schritten an Gewicht zulege. Das kann doch wohl nicht alleine an meinem ungestillten Erdbeerkonsum liegen? Danach wird mir der Blutdruck gemessen. Normalerweise bleibt jeweils nicht viel Zeit für ein Gespräch. Aber an diesem Nachmittag sitzen wir uns am Arbeitstisch gegenüber und unterhalten uns über dies und das. Keine Hektik auf der Station F? Es scheint, als ticke die Spitaluhr für einmal ganz anders.

Auch die Ärzte Frau Dr. H. P. und Prof. H. H. nehmen sich Zeit für ihre Patientin. Folglich beschert mir die genaue Betreuung durch die beiden noch ein CT und ein Röntgen vor unserer Abreise nach Japan. Das kann mir eigentlich nur Recht sein. Die Werte des “unspezifischen“ TM sind zwar erfreulich, aber wie sieht es inzwischen mit meinen Knochen und meinem Leberfleck aus? Zeigt die Therapie ihre erwartete Wirkung?

Nebst den medizinischen Belangen haben wir uns auch über viel Persönliches unterhalten. Zum Beispiel über Gemeinsamkeiten wie das Rennen. Prof. H läuft seit einiger Zeit dreimal wöchentlich seine 18 km und nimmt dieses Wochenende am Greifenseelauf teil. Neid!! Ich kann im Moment nur von langen Strecken träumen und laufe im Schneckentempo meine 6 bis 8 km. Frau Dr. P läuft jeweils Kurzstrecken von 6 km. Eines ist uns aber allen gemein: die Endorphine fahren bei langen, wie auch bei kurzen Strecken ein.

Solche Arztgespräche, in denen sich das medizinische und persönliche ineinander verquicken, mag ich sehr. Ein bisschen Smalltalk gehört für mich zu einem professionell geführten Arztgespräch. Aber bedauerlicherweise verfügen noch lange nicht alle ÄrztInnen über die Begabung und die Routine, mit ihren Patienten ein gutes Gespräch zu führen. Es ist mir bewusst, dass im Spitalalltag für längere Gespräche meistens die nötige Zeit fehlt und Effizienz gefragt ist. Mir persönlich sind aber die kurzen “Abfertigungsgespräche“ ein Gräuel. In solchen Momenten verlasse ich jeweils das Besprechungszimmer wie ein begossener, verunsicherter Pudel...

Aber manchmal hat man eben so ein Glück, wie an diesem Mittwoch, als meine medizinischen Fixsterne zum Wohle ihrer Patientin das Zeitmanagement in die Wüste geschickt haben...
 
*So ein Glück