Donnerstag, 23. September 2010

HeLa

Letzte Woche las ich in mehreren Artikeln über eine ungewollte Heldin der Wissenschaft: Henrietta Lacks, eine Krebspatientin, die 1951 in den USA im Alter von 31 Jahren starb und deren Zellen bis heute weiter leben und über das Internet zwecks Forschung bestellt werden können.
Unsterblich sind sie geworden, die Krebszellen, an denen Henrietta Lacks innerhalb kurzer Zeit gestorben ist. Im Fachjargon tragen sie den Namen HeLa.
Ohne HeLa keine Forschungsresultate in Virologie, Genetik, Krebs-forschung, Labortechnik und Bakteriologe. Es gibt tausende wissen-schaftliche Publikationen über die HeLa-Zellen und zahlreiche Nobelpreise sind den Zellen von Henrietta Lacks zu verdanken.
Sie wurden sogar ins Weltall geschickt — dabei entdeckten die ForscherInnen, dass sich Krebszellen bei erhöhter Strahlung schneller vermehren!

Henrietta Lacks war eine arme, farbige Frau, die nicht wusste, dass man ihr
während einer Untersuchung Gewebe entnommen hatte und dass es den Forschern gelungen war Zellen davon am Leben zu erhalten.
Manches Medikament, das mir jetzt als Patientin zugutekommt, wurde an Hela-Zellen getestet. Ich bin Henrietta Lacks dafür sehr dankbar!

Die Wissenschaftsjournalistin Rebecca Skloot hat die Geschichte von Henrietta Lacks und ihrer Familie rekonstruiert und aufgeschrieben. Sie hat dieser ungewollten Heldin nach 59 Jahren eine Stimme gegeben...

Henrietta Skloot: Die Unsterblichkeit der Henrietta Lacks. Irsiana, München 2010 512 S

 



Sonntag, 19. September 2010

Morgenmuffel?

Seit ich erneut eine Chemotherapie erhalte, ist mir klar, dass ich vorübergehend kein Morgenmensch mehr sein kann. Ich benötige viel Zeit, damit mein Körper und Gehirn richtig auf Touren kommen und ich schliesslich erfolgreich in einen neuen Tag starten kann. So zieht sich ein optimaler Morgen in der Langsamkeit des Seins allmählich in die Vormittagsstunden...

Es gibt aber auch Tage an denen ich trotz meiner morgendlichen Langsamkeit mit wenig Zeit in den Tag starten muss. Dann fühle ich mich jeweils so, als würde ich neben den Schuhen stehen. Antriebslos und noch voller nächtlicher Müdigkeit bewege ich mich tapsig und unkonzentriert in den Tag hinein!

So geschehen am letzten Sonntag, als wir uns frühmorgens für eine Wanderung zur Tramhaltestelle aufmachten. In einem Moment von Unachtsamkeit verhaspelten sich die Schnürsenkel meiner Wanderschuhe so unglücklich ineinander, dass ich die Bodenhaftung verlor.
Meine Nasenspitze landete unsanft auf dem Asphalt. Da lag ich — bäuchlings mitten auf der Hofdurchfahrt mit blutigen Bremsspuren auf meinen Handballen. Was für ein unglücklicher Blitzstart!
Unvermittelt brach in mir eine Welt zusammen. Weltschmerz oder wohl eher Krebsschmerz. Einerseits die Schmerzen durch den Sturz, anderseits realisierte ich, dass mein Körper den Befehlen meines Gehirns nicht folgen konnte. Das Tränenwasser sammelte sich in meinen Augen und kullerte in kleinen Rinnsalen über mein noch schlaftrunkenes Gesicht.
Liebend gerne wäre ich in diesem Moment auf der Strasse liegen geblieben, um mich meiner morgendlichen Langsamkeit zu ergeben und schlafend den Zeitpunkt abzuwarten bis Körper und Geist soweit bereit sein würden, sich zusammen in eine und die selbe Richtung bewegen zu können. Aber das würde Stunden dauern! "Dünnhäutig" wie ich war, rappelte ich mich schliesslich mit Hilfe meines Liebsten wieder auf und startete ein weiteres Mal in diesen Morgen, dem ein wunderbarer Tag in den Bergen folgen sollte...

Japanische Landschaft Nr. 2 mit Blick auf den Walensee, 19. September 2010
Foto: B. Zgraggen







Sonntag, 12. September 2010

Liebeserklärung

Nach einem ausgefüllten Tag kroch ich wieder einmal müde, aber dankbar unter das Pfulmen. Mein Mann legte sich neben mich und drückte mir liebevoll einen Gutenachtkuss auf die Stirne und meinte, wie schön es sei, dass wir Abend für Abend, Seite an Seite nebeneinander in unserem Bett liegen würden.
Ich fragte ihn danach, warum er das denn so ausgesprochen schön finden würde? Einfach so, gab er mir eher etwas verhalten zur Antwort. Seine Stimme klang wehmütig und ich ahnte, dass sich hinter dieser Antwort noch andere Gedanken und Gefühle verbergen mussten. Meine Schläfrigkeit war meiner Neugierde gewichen und ich bat ihn darum, mir dieses "Einfach so" doch bitte genauer zu erklären.
Einfach so, gab er mir erneut zur Antwort. Nein, sag es mir weshalb ist es einfach so! insistierte ich. Ob ich es denn wirklich so genau wissen wolle, gab er mir sanftmütig zur Antwort. Ja, raus damit, ich kann die Wahrheit schon ertragen! gab ich ihm mittlerweile hellwach und hellhörig zur Antwort.
Er erzählte mir von seinen angstvollen, schmerzenden Gedanken. Wie zu Beginn dieses Sommers, wo der Krebs mein Leben, aber auch sein Leben von Neuem bedroht. Oder die Nachricht, dass C.S., ein von uns geschätzter Zeitgenosse, viel zu früh an dieser Krankheit gestorben ist. Dann werde ihm unwiderruflich vor Augen geführt, dass er auch mich eines Tages an den Krebs verlieren würde. Schmerzhaft die Vorstellung, dass er dann ohne mich ins Bett sinken müsste.
Einfach so — ist der ganz besondere Moment, wenn wir nach einem langen Tag zufrieden im Bett liegen und uns eine gute Nacht wünschen könnten.

Wenn es auch traurig klingt, ich freue mich über diese wunderschöne Liebeserklärung an mich und an unser gemeinsames Leben. Bestimmt werden wir noch viele dieser kleinen, Tages — und Nachtmomente gemeinsam erleben dürfen. Und sollte ich einmal nicht mehr sein, wünsche ich mir für meinem Mann noch viele andere schöne Momente, die das Leben so lebenswert machen, auch wenn es im ersten Moment nach einem schmerzhaften Verlust unvorstellbar scheinen mag...






Sonntag, 5. September 2010

Von Espressi und Labormäusen

Auch in einem aktuellen Inserat der Krebsforschung wird gezählt und gerechnet!
Gemäss Aufstellung der Krebsforschung wurde nach 12298 Espressi (oder könnten an dieser Stelle auch Labormäuse gemeint sein?) und 810 durchgearbeiteten Nächten eine neue Krebstherapie entwickelt. Diese Werbebotschaft stimmt mich als Betroffene natürlich zuversichtlich. Und so warte ich noch einige Espressi, Labormäuse und Nächte weiter, bis auch für mich die passende Therapie gefunden wird!

Im Namen des Krebses, lasst die Espressmaschinen und Labormäuse weiterhin auf Hochtouren laufen und tanzen...