Sonntag, 29. Mai 2011

Wabbelige Zustände

Nach meinem Zusammenbruch vor mehr als zehn Tagen fühle ich mich immer noch ziemlich wackelig und unsicher auf den Beinen. Es ist, als sei das Innere meines Kopfes die wabbelige Masse eines Wackelpuddings, der sich unkontrolliert in einer Schale hin und her bewegt.
Noch immer wird mir zeitweise schwarz vor den Augen.

Nach kleineren Aktivitäten während des Tages lege ich mich immer wieder ins Bett und aufs Ohr, wo ich in meinen Tagträumen Erholung suche.
So träumte ich unlängst von einem Spiegelei auf Toast!
Das Spiegelei auf Toast entpuppte sich nur wenig später als Wochen-highlight für meine Geschmacksknospen. Wow, ist das lecker! — stelle ich begeistert fest. Meine Geschmacksknospen sind überraschenderweise nicht fehlgeleitet und erkennen richtig: Ein Spiegelei, gewürzt mit Salz und Pfeffer!
Scheint die Absetzung meiner Medikamente mit entsprechender Verzögerung sich nun positiv auf meinen Appetit auszuwirken?

Vernünftigerweise verzichte ich aber bis auf weiteres auf meine Lauftrainings. Ich kompensiere mit kleineren Spaziergängen an der Sonne (Vitamin D tanken!), manchmal etwas wabbelig in den Beinen. Und wieder einmal übe ich mich in Geduld bis mir am kommenden Dienstag die neusten CT-Resultate dieser Woche präsentiert werden...

Sonntag, 22. Mai 2011

Aufpäppeln

Am Montagabend muss ich mich ein erstes Mal übergeben. Ich sinke müde und ausgelaugt ins Bett und hoffe, mein Zustand werde sich bald bessern.
Mitten in der Nacht suche ich die Küche auf um meinen Durst zu löschen. Erneut wird mir schrecklich übel. Ich torkle in Richtung Badezimmer, dann tauche ich ab in die Dunkelheit der Bewusstlosigkeit.
Durch die ungewohnten Geräusche wird mein Liebster jäh aus dem Schlaf gerissen und findet mich am Boden. Ich nehme bruchstückweise seine verzweifelten Rufe war. Mit seiner Hilfe rapple ich mich auf und setze den Weg ins Badezimmer fort. Nach ein paar Schritten übergebe ich mich. Jetzt tauche ich erneut in die Dunkelheit ab. Ich falle gegen die Wohnzimmerwand, reisse ein Bild mit und lande unsanft auf dem Boden. Ich bleibe liegen.
Mein Liebster schleppt mich ins Badezimmer. Ein wenig später sitze ich gedankenverloren auf dem Klo. Mein Darm und Magen entleeren sich gleichzeitig. Schliesslich sinke ich erschöpft auf den gefliesten Boden und tauche wieder ab in die Dunkelheit. Später komme ich schlotternd und in Seitenlage unter der wärmenden Nachmittagsdecke wieder zu mir. Ich bleibe eine Weile liegen. Mit Hilfe meines Liebsten nehme ich dann eine warme Dusche und werde ins Bett zurückgebracht. Mein Mann beseitigt hörbar verzweifelt die Spuren meiner Odyssee...

Am Morgen nehme ich Kontakt mit meinem Careteam in der Maternité auf. Mit dem Taxi fahren mein Liebster und ich am Nachmittag dann ins Ambulatorium. Ich werde liebevoll empfangen. Sofort wird eine Infusion gesetzt. Die anfängliche Befürchtung meiner Onkologin, es könnte sich bei den Symptomen der Bewusstlosigkeit um Anzeichen auf Hirnmetastasen handeln, zerschlägt sich glücklicherweise nach genaueren Untersuchungen.
Als ich erfahre, dass es sich bei meinem Zusammenbruch um die Folgen einer Medikamentenvergiftung handelt, umklammere ich vor Erleichterung ganz fest die Hand meines Mannes. Die folgende Nacht verbringe ich dann gut behütet in einem Spitalbett auf der Station.
Meine derzeitigen Medikamente werden bis auf weiteres abgesetzt.

Noch immer fühle ich mich geschwächt. Ich erinnere mich nur bruchstückhaft an meinen Zusammenbruch. Der Vorfall hinterlässt bei uns beiden das schmerzliche Gefühl, dass wir einen ersten Vorgeschmack auf weitere unliebsame Intermezzi im Verlauf meiner Erkrankung erhielten!
Dankbar nehme ich das Angebot meiner Mutter an, uns im Haushalt ein wenig zu unterstützen. Sie erledigt für uns erst einmal die anfallende Bügelarbeit.
Während meine BRUSTfreundinnen bereits die ersten Gedanken zu einer neuen gemeinsamen Herausforderung austauschen, widme ich mich nun meiner Regeneration...






Montag, 16. Mai 2011

Race for the Cure Hamburg

Bis zum Start am Sonntag vom "1. Race for the Cure®" blieb für mich und meine BRUSTfreundin E.B.Z. genügend Zeit um die Stadt Hamburg auf dem Land- und Wasserweg zu erkunden. In den zahlreichen Grünanlagen drehten Jogger ihre Runden. Zwischen HafenCity und Speicherstadt ragten da und dort zwischen grossen Schiffen hohe Schiffskranen aus dem Wasser in den bewölkten Himmel. Es war als könnte man das Meer riechen, dabei lag die Nordsee über 100km von der Stadt entfernt!






Am späten Samstagnachmittag hatten wir uns mit den übrigen Läuferinnen unseres Trotzköpfe-Teams in der Ausstellung des Buchprojektes "Amazonen" verabredet, das von der Berliner Werbefachfrau Ute Melle initiiert wurde und sich dem vermeintlichen Tabuthema widmet: Aktfotografien von Frauen, die alle das Schicksal Brustkrebs teilen. Den Abend liessen wir bei einem gemütlichen und köstlichen Dreigangmenü im Bistro "Le Plat du Jour" ausklingen...






Nach einem frühmorgendlichen Spaziergang auf dem Fischmarkt am Hafen von Hamburg war es endlich soweit. Wir Trotzköpfe bereiteten uns für den Start am am "1. Race for the Cure®" vor! Am Startgelände wehte eine kühle Brise und der Himmel zeigte sich mal bewölkt und mal sonnig.
Wir verbrachten einen wunderbaren Nachmittag in Hamburg. Der Lauf mit über fünftausend Teilnehmern führte uns in drei Runden um die Binnenalster, bis wir glücklich und zufrieden und ohne Zeitmessung nach 5 Kilometern das Ziel erreichten. Wie schon im letzten Jahr in Frankfurt stand das Laufen für eine gute Sache im Vordergrund...






Donnerstag, 12. Mai 2011

Aufbruch

Die Wochenendtasche ist gepackt.
Ich freue mich auf ein Wiedersehen mit meinen
BRUSTfreundinnen, die ich im letzten Jahr in Frankfurt am "11. Race for the Cure" kennengelernt habe. (Siehe auch Blog "Race for the Cure" vom 3. Oktober 2010) Damals hatten wir uns vorgenommen, im Jahr 2011 gemeinsam am "1. Race for the Cure®" in Hamburg zu starten.
Dieses Wochenende ist es wieder soweit!

 

 

 

Sonntag, 8. Mai 2011

Nichts?

Als mein Immunsystem vor einigen Tagen durch eine Erkältung zusammenbrach, zerbröckelte einer meiner krankheitsbedingter Vorsätze, jeden Tag zu geniessen, zu Sternenstaub! In den kommenden Tagen verlangte mein Körper nach medikamentöser Hilfe und "nichts" als Bettruhe!

Die Zeiger der Uhr schienen sich im Zeitlupentempo vorwärts zu bewegen während ich mich unter dem Pfulmen kraftlos, aber tüchtig schwitzend, von einer Seite zur anderen bewegte. Bis ich mich schliesslich mehrmals im Tag im Land der Träume wiederfand, wo sich über mir die kleinen Erhebungen des Pfulmen zu sanften Hügellandschaften formten, an deren Horizont sich der mit Pfefferminztee gefüllte Glaskrug in einen See verwandelte. In dieser Hügellandschaft verharrte ich während einiger Tage — nichts als schlafend in einer Welt im Matratzenmass...

Als ich die Hügellandschaft mit dem kleinen See, dessen Wasserspiegel sich während der vergangener Tage mehrmals auf und abgesenkte, wieder verlassen konnte, wurde mir bewusst, dass die vergangenen Tage, die ich mit "nichts" als schlafen verbrachte, sich nicht nur einfach als "Nichts" auf mein Wohlbefinden ausgewirkt hatten...






Sonntag, 1. Mai 2011

Haut, Muskeln und Knochen

Mein Liebster meinte neulich ich sei nur noch Haut, Muskeln und Knochen! Damit hat er nicht ganz unrecht, denn seit ich unter Appetitlosigkeit leide habe ich unfreiwillig einige Pfunde verloren. Der Zeiger der Waage pendelt inzwischen unter der 50 kg Marke hin und her.

Rückblickend hat für mich als Läuferin diese ungewollte Gewichtsreduktion natürlich auch Vorteile gebracht! So hatte ich am diesjährigen Zürich Marathon mehr als fünf Kilogramm weniger auf den Knochen, die ich über die Distanz von 42195m mittragen musste. Meine Kniegelenke waren mir bestimmt dankbar dafür. Nebst meiner guten Trainingsvorbereitung wirkte sich dieser Umstand bestimmt auch auf meine erreichte Schlusszeit aus, die beste jedenfalls für mich. Drei Ranglistenplätze konnte ich gegenüber dem letzten Jahr gut machen!

Aber wie immer hat jede Medaille ihre Kehrseite. Meine verlorenen Pfunde schmälern die benötigten Reserven, von denen ich in schlechten Zeiten zehren muss, wenn mir der Krebs das Leben wieder einmal so richtig vermiesen sollte...
Also werde ich zumindest versuchen nicht noch mehr Pfunde zu verlieren (trotz des Rennens) und durch artiges essen wieder ein wenig mehr Speck auf die Rippen zu kriegen!