Sonntag, 31. Januar 2010

BRUSTfreundinnen

Schon sind wieder drei Wochen seit meiner letzten Glücksgabe vergangen und die nächste steht mir erneut bevor. Die Zeit zwischen den Abgaben vergeht schneller als mir lieb ist. Ich nutze sie unter der wetterbedingten Nebeldecke mit Joggen im tief verschneitem Umland von Zürich. Manchmal suche ich zusammen mit meinem Liebsten nach der Sonne über der Nebeldecke. Viele schöne Momente verbringe ich im Atelier am Arbeiten - mit den nötigen Ruhephasen dazwischen. Und immer wieder finde ich Zeit, mich mit FreundInnen zu treffen.
Wir treffen uns im nahegelegenen Piazza, im Gasthaus zum Glück, zu Hause bei einer Freundin oder im World Wide Web!
In der facebook-Gruppe "Rosa Schleife — Brustkrebs hat ein junges Gesicht" (Motto: Trotze, so bleibt dir der Sieg, Friederich Hebel), tauschen Frauen sich gegenseitig aus.
Es sind Betroffene zwischen zwanzig bis vierzig und mehr Jahren. Taucht ein Neumitglied mit seinem Krebskummer auf der Plattform auf, reagieren andere Mitglieder mit aufmunternden Worten und viel Lebensmut. Blubb, Blubb fügt sich so Dialogsprechblase zu Dialogsprechblase aneinander... Erfrischend und ohne Umschweife werden Tipps und Erfahrungen ausgetauscht.
Zwar liege ich weit über dem Durchschnittsalter der Userinnen, einige der Frauen zähle ich inzwischen dennoch zu meinen aufmerksamen Blogleserinnnen.
Das freut mich sehr!
An dieser Stelle ein liebes Hallo und herzliches Dankeschön an euch Frauen von der Rosa Schleife!
 
Pink Ribbon, Japan 2009






Sonntag, 24. Januar 2010

Revisited

Täglich speichern wir Erlebtes in zahlreichen Räumen unseres Hirns ab. Vergessen Geglaubtes lässt sich in unterschiedlichsten Situationen neu abrufen. Während unseres Lebens sammeln wir Erinnerungen. Seitdem ich meine Diagnose erhielt, mache ich mir immer wieder Gedanken zur eigenen Vergänglichkeit. Das Erinnern an mein bisheriges Leben rückt dabei vermehrt ins Zentrum.

Vor meinem inneren Auge spielen sich immer wieder Szenen aus meinem bisherigen Leben ab.
Neulich im KATALOG record Warehouse an der Weinbergstrasse. Beim Durchstöbern des LP Sortiments kam es mir vor, als würde ich einen musikalischen Streifzug durch meine Jugend machen. Da reihte sich Cover an Cover, die in meinem Hirn ein Beben von Erinnerungen an meine Teeniezeit auslösten, glückliche wie unglückliche. Ich liege auf dem Boden meines Teeniezimmers der 70er Jahre, umgeben von zahlreichen Platten. Beatles, Rolling Stones, Bob Dylan, Crosby, Stills, Nash & Young, Melanie...

Drei LP's aus meiner Jugend sind mir bis zum heutigen Tage aus sentimentalen Gründen erhalten geblieben:
"Abbey Road" The Beatles 1969 Meine erste Langspielplatte überhaupt! Mein Vater schenkte mir einen Gutschein des einzigen, hypen Musikgeschäfts vor Ort. Mit Kopfhörern, die aussahen wie Telefonhörer (und die man auch wie Telefonhörer ans Ohr hielt), liess ich mir an der Theke der Musikbar das Neueste vom Neuen abspielen. Mit den Beatles, die gerade den Fussgängerstreifen überqueren, tauchte ich musikalisch in andere Sphären. Da fühlte ich mich beinahe erwachsen...
"Get Year Ya-Ya's Out!" the Rolling Stones in concert 1970*

Ein gutes Jahr später schenkte unser Vater mir und meinem älteren Bruder die LP der rollenden Steine. Zuerst teilten wir uns die Platte wie vorgesehen, später wanderte sie definitiv in meine Plattensammlung. Mit den Rolling Stones tauchte ich in raue Musiksphären ab. Da fühlte ich mich schon ziemlich erwachsen...

Natürlich liess sich mein Vater im hypen Musikgeschäft beraten, denn zum Musikgeschmack seiner Kinder hatte er keinen Zugang. In seiner eigenen bescheidenen Plattensammlung beeindruckte mich aber schon als Sechsjährige ein Cover, das den Broadway bei Nacht zeigte:
"Brodway in Rhythm" Ray Conniff his orchestra and chorus 1958
Blink, blink, Amerika! Das Lichtermeer hinterliess bei mir einen bleibenden Eindruck. Es diente mir während meiner Ausbildung an der Kunstgewerbeschule sogar als Vorlage für einen Textilentwurf. In Erinnerung an meinen Vater ist mir diese LP erhalten geblieben, obwohl ich mich bis heute mit diesem Sound nie anfreunden konnte!

Wenn Sie schon immer Musik liebten, lohnt sich ein Besuch im Oldies-Plattenladen, um durch das "Tal der Erinnerungen" zu wandern. Sie werden sich wundern!

*Erst jetzt fällt mir das spezielle T-Shirt von Charlie Watts auf. Charlie Watts, eine BUSENfreundIn??





Sonntag, 17. Januar 2010

Verfallsdatum

Ein Jogurt hat es.
Die Konfitüre hat es.
Die Milch hat es.
Alle Lebensmittel haben es, selbst Medikamente haben es — das Herstellungs- und das Verfallsdatum! Auch wir haben ein "Verfallsdatum". Natürlich ist es nicht sichtbar auf die Hautober-fläche unseres Körpers eingeprägt. Es ist uns aber bewusst, dass unser Leben irgend einmal zu Ende gehen wird. Denn wir sind nicht unsterblich!
Seit dem Befund meiner Krebserkrankung vom 18. Januar 2007 ist mir mein eigenes "Verfallsdatum" unmissverständlich näher ins Bewusstsein gerückt worden. Bei jedem Jahrestag rücke ich meinem Verfallsdatum ein Stück näher, was mich einerseits sehr traurig macht, doch andererseits gewinne ich auch ein weiteres Lebensjahr dazu. Das macht mich wiederum sehr glücklich und stolz, da ich dem Krebs wieder ein Jahr abgetrotzt habe!

Wäre ich ein Jogurt, würde mein momentaner Lebensabschnitt zwischen "Verkaufen bis X" und "Verbrauchen bis Y" liegen.






Sonntag, 10. Januar 2010

Schneeflocken

Am Mittwochnachmittag reise ich zusammen mit meinem Mann ins Zürcher Oberland. In einem Fachgeschäft für Laufschuhe will ich mir ein neues Paar für die diesjährige Joggingsaison kaufen. Mit zwei Paar Schuhen verlassen wir zufrieden das Geschäft. Nur das Portemonnaie jammert...
Spontan beschliessen wir, am nahe gelegenen Greifensee durch das verschneite Naturschutzgebiet zu spazieren. Bei eisiger Kälte stapfen wir durch den Schnee, dem wir knirschende Laute entlocken. Ein knorriger Baum ragt in Ufernähe aus dem Wasser. Um den Stamm versammeln sich Wasservögel auf der Suche nach Futter. Schilfhalme, durch die der Wind streicht, tragen knackende Töne in die Stille...

Am Samstag beim Neujahrslauf in Dietikon (12.1km) entlocke ich dem Schnee unter dem Druck meiner alten Laufschuhe erneut knirschende Geräusche. Doch im Pulk von anderen Teilnehmerinnen nehme ich diese kaum wahr. Vielmehr bin ich damit beschäftigt, bei Schneegestöber die optimale Linie auf schneebedeckten, teilweise matschigen Feldwegen zu finden und dabei möglichst nicht zu straucheln! Das geht in die Beine...
Trotz anstrengender Beinarbeit ist der Neujahrslauf durch die Winterlandschaft bezaubernd schön. Zudem schont die weiche Unterlage des Schnees die Gelenke beim Rennen! Im Zieleinlauf bin ich überglücklich, dass ich den Lauf auch dieses Jahr wieder geschafft habe.
Ein wenig stolz stelle ich fest, dass ich "nur" drei Minuten auf die letztjährige Zeit eingebüsst habe, obwohl ich erst seit zwei Monaten ohne Chemotherapie bin! Es scheint mir, dass sich mein Körper schnell und gut erholt hat — nur die Schmerzen sind immer noch da. Was täte ich ohne meine Schmerztabletten, den "little helpers"!?
Kaum in Zürich angekommen zieht es uns am späten Nachmittag ins Piazza, wo es zur Belohnung für die glückliche Sportlerin einen Latte und für den zufriedenen Coach ein Bier gibt!
Draussen zwirbeln die Schneeflocken immer noch vom graubedeckten Himmel...
 
Foto: Beat Zgraggen




Dienstag, 5. Januar 2010

Busen hin, Busen her...


Tages-Anzeiger, 5. Januar 2010


 


 

Sonntag, 3. Januar 2010

Kontrollsystem

Es ist der 31. Dezember, der letzte Tag dieses Jahres. Er ist mehr als grau — mit viel Dauerregen. Den ganzen Tag über warte ich auf einen trockene Wetterperiode, um meine 9.4 km joggen zu können. Natürlich wäre es mir möglich mich dem Wetter entsprechend richtig einzukleiden um meine Trainingseinheit zu absolvieren. Doch heute ist mir überhaupt nicht nach einem Lauftraining in strömendem Regen. Ich wünschte mir anstelle des Nieselregens die wärmende Sonne als Begleiterin, doch das bleibt zumindest für heute ein Wunschtraum... Oder kommt mir der heutige Regen gerade richtig, um mein Training mangels Motivation sausen zu lassen?

Wie viele Kilometer ich wann joggen soll, wird mir von einem virtuellen Trainingssystem angegeben, das aufgrund meiner Eingaben wie Planung und sportlichen Ziele ein auf mich abgestimmtes Programm zusammenstellt. Es stehen mir in diesem mir selbst auferlegten Kontrollsystem drei Smiley-Buttons zur Auswahl:
:-) lachender = Training erfüllt
:-| grimmiger = reduzierter Trainingsblock
:-( trauriger = Training fällt aus.

Als ich diese Woche mit meiner BRUSTfreundin P. bei einem gemütlichen Nachmittag im Gasthaus Zum Guten Glück sitze, meint Sie: "Wir unheilbar an Krebs erkrankten Glückskinder MÜSSEN gar nichts, nur noch das, was uns gut tut und gefällt!..." Ich nehme mir dies zu Herzen und lasse das Joggen am letzten Tag des alten Jahres genüsslich ausfallen. Mit Freuden drücke ich im virtuellen Kontrollsystem den traurigen Smiley-Button "Training fällt aus"!