Sonntag, 29. November 2009

Forschen im Internetwald

Von einer über sechs Monate andauernden Chemotherapie wurde mir am Montag die letzte Taxol-Weekly verabreicht. Schon wieder habe ich einen Meilenstein gut hinter mich gebracht. Ich freue mich darüber und blicke zuversichtlich in die Zukunft. Frau Dr. H., "meine" Onkologin, erläuterte mir ein weiteres Mal, wie die Behandlung meiner Krankheit bis auf weiteres und in der nahen Zukunft aussehen könnte. Ich bat sie mir die Namen der genannten Medikamente, sowie deren Kombinationsmöglichkeiten auf einen Zettel aufzuschreiben, zu Hause würde ich dann in aller Ruhe gerne nachlesen, was diese Medikamente gemäss Hersteller bewirken können.
So forschte ich während der letzten Woche im Internet über wohlklingende Medikamentennamen wie Femara® oder Arimidex® (Aromatasehemmer), Tyverb® (Lapatinib) und Xeloda® (Capecitabin) nach.
Diesen Medikamenten ist eines gemein: sie sind oral einzunehmen. Das ist erfreulich, denn das heisst für mich weniger Krankenhausbesuche und somit mehr Unabhängigkeit im Alltag mit Krebs! Nebenwirkungen? Die sind wie immer bei Medikamentenbeschreibungen ziemlich beängstigend, weil jede nur erdenklich, auftretende Nebenwirkung aufgelistet wird.

Deshalb vielleicht träumte mir während dieser Woche, dass ich meine Haare wie ein Toupet vom Kopf ziehen konnte...Normaler Schnupfen, Japan 2009


 


 

Sonntag, 22. November 2009

Poch poch poch

Letzten Montag erfuhr ich von meinen ÄrztInnen, dass sich mein Tumormarker während meiner Reise in Japan wieder nach oben bewegt hat. Ich war erstaunt, wie schnell er sich ohne Chemotherapie wieder nach oben bewegt hat. Meine Krebszellen sind richtig umtriebig und aktiv. Wir alle sind auf der Lauer! Aber erst einmal schieben wir den schlechten TM-Befund dem Neumond, meinem Erschöpfungszustand von letzter Woche und den möglichen Unregelmässigkeiten bei der Laboruntersuchung in die Schuhe... Falls sich der TM aber weiterhin nach oben bewegen wird, stehen mir laut "meiner" Onkologin Frau H. noch einige Medikamente zur Verfügung, die zur Beruhigung und Stabilisierung meines Krankheitsverlaufes beitragen könnten. Glücklicherweise! Nebst Medikamenten wie Herceptin und Zometa, die ich weiterhin in regelmässigen Abständen erhalte, werde ich nach der abgeschlossenen Chemotherapie mit Hormonblockern (Aromatase-hemmer) und der Dreimonatsspritze (Hormondepot) therapiert. Abwarten, wie sich mein Krankheitsverlauf weiterentwickeln wird ansonsten kämen noch andere Therapiemöglichkeiten in Frage...
Es wird ein schrittweises, auf mich abgestimmtes Vorgehen sein. Wieder einmal wird mir dabei schmerzlich bewusst, dass es für mich kein Leben gibt ohne Medikamente — je länger mein Leben, je mehr Medikamente!


Das Herzecho, ein wiederkehrendes, dr
eimonatliches notwendiges Ritual, das über die Befindlichkeit meines Herzen unter der medikamentösen Behandlung Auskunft gibt, stand ebenso auf meinem Programm.
Nach der Chemotherapie begab ich mich also in die Kardiologie des Stadtspitals Triemli. Doktor A., der das Herzecho machte, versicherte mir, dass ich eine unveränderte, ausserordentlich gute Herzaktivität hätte. Was für ein Glück, denn solange mir mein Herz unter der medikamentösen Behandlung seinen Dienst nicht versagt, ist noch vieles möglich...

Im Verlaufe des Herzechos kommen wir auf den Laufsport zu sprechen. Dr A. outet sich ebenso als Läufer. Wir unterhalten uns über Gedanken während eines Laufes und das allgemeine Wohlbefinden nach der körperlichen Anstrengung. Ganz nebenbei fragte er mich als "Expertin", die ich bereits einen Marathon hinter mir habe, was man eigentlich während der 42 km so denke!? Nun, ich rannte gedankenleer von Kilometer zu Kilometer bis ans Ziel!
Poch poch poch, es geht immer weiter.Herzecho, Triemli November 2009






Donnerstag, 19. November 2009

Nacktmull sollte man sein

Gerade hübsch sieht er ja nicht aus, der Nacktmull (Heterocephalus glaber)! Aber die Tatsache, dass ein Nacktmull offenbar nie an Krebs erkrankt, erscheint mir in meinem Fall unbestechlich beneidenswert zu sein.
Sollte ich die Möglichkeit haben wiedergeboren zu werden, dann als Nacktmull mit "doppeltem Sicherungssystem" gegen Krebs...

Frankfurter Allgemeine, 18.11.09







Sonntag, 15. November 2009

Alltag

Nach 10 Tagen hat mich das Alltagsleben wieder. Meinen Erschöpfungszustand mit Magenverstimmung und die Nebenwirkungen meiner am Montag erhaltenen Chemo habe ich mit ausgiebigem Schlafen bis Ende dieser Woche einigermassen überwunden.

Das Sozialleben findet wieder statt, über Mail, mit dem Telefon. Oder ich verbringe einen Nachmittag mit einer Freundin bei einem Latte im nahegelegenen Café, um mich mit ihr über dies und das aus den vergangenen Wochen auszutauschen...

Zum "normalen Alltag" gehört jetzt auch wieder mein Lauftraining. Nach Wochen ohne Rennen ist meine Beinmuskulatur und mein Körper rennfaul geworden und sie lassen mich dies mit jedem Schritt schmerzlich spüren. Mit Muskelkater beginne ich meine Form bei herbstlicher Stimmung wieder aufzubauen.

Auch der Gang zum Briefkasten ist ein Alltagsritual, das ich nun wieder tagtäglich erledige. Rechnungen, Postkarten, Zeitungen. Und Bittbriefe.
Wie immer vor Weihnachten buhlen viele karitative Organisationen mit Karten, Kalender, Windlichter und dergleichen um Aufmerksamkeit. So lag diese Woche ein an mich adressiertes Schreiben der schweizerischen Krebsforschung im Briefkasten. Mit dem Zitat "Ich werde nicht aufgeben, bis ich Metastasen stoppen kann." ruft die Krebsforscherin Melody Swartz zu einem Unterstützungsbeitrag auf. Als ich das lese, geht mir durch den Kopf: Tja, auch ich gebe nicht auf. Ein wenig amüsiert bin ich dann aber schon, dass ein solches Schreiben an mich als Betroffene gerichtet ist. Wie meine Daten in der Kartei der Krebsforschung gelangen konnten ist mir schleierhaft, aber man hinterlässt überall Spuren...
Apropos Spuren: die Krebsforscherin M.S. ist kein Werbegag, wie ich zuerst vermutet habe. Sie ist real und existiert, Google sei Dank! Auch die krebeskranke Bloggerin I.G. ist echt. In diesem Sinne normaler Alltag, eben!
 
Pink Ribbon, Tokyo Oktober 2009






Sonntag, 8. November 2009

Somewhere Over the Rainbow

Nach vier Reisewochen bin ich nun wieder zu Hause.
Die Magenverstimmung vom letzten Sonntag ist mehr als hartnäckig. Während der dreizehnstündigen Flugreise von Tokyo nach Zürich verhielt sie sich aber glücklicherweise ruhig. Doch einige Stunden nach meiner Ankunft hielt ich mich schliesslich würgend an der Kloschüssel fest.
Meinem Magen schien das Ende der Reise nicht gut zu bekommen. Auch am Tag nach der Ankunft hielt ich meinen Kopf wieder über die Kloschüssel.
Sind es die Schmerztabletten, die Hormonblocker? Ist es das ungewohnte Essen (dann hätte ich aber schon zu Beginn der Reise...)? Sind es meine lästigen Krebszellen?
Ich bin mir sicher, dass es sich nur um einen Erschöpfungszustand meines Körpers handeln kann und ich mich nach einer Erholungsphase bald wieder besser fühlen werde. Nach vier Wochen habe ich die Grenzen meiner körperlichen Leistungsfähigkeit erreicht. Immer noch freue ich mich trotz Magenverstimmung und vermehrten Rückenschmerzen über jeden Moment dieser wunderbaren Reise, eine Zeit ohne Krankenhaustermin. Keine einzelne Sekunde, Minute, Stunde und keinen Tag möchte ich missen.
Ich hoffe, dass ich alle diese schönen Momente in schlechten Zeiten abrufen kann, um mich daran zu erfreuen und zu stärken.
Nach einer fünfwöchigen Krankenhauspause beginnt nun am Montag für mich wieder der Therapiealltag, der mir hoffentlich wie bisher eine gute Lebensqualität beschert...

An dieser Stelle THANKS für die vielen Willkommens-SMS und Telefonanrufe. Es hat mich sehr gefreut, liebe Freunde!






Sonntag, 1. November 2009

Akku leer

Nach drei Reisewochen fühle ich mich erstmals körperlich erschöpft. Mein Zustand lässt sich so beschreiben: Ich mag weder vorwärts noch rückwärts gehen.
Mein Akku steht auf rot und muss unbedingt neu aufgeladen werden. So verbringe ich unseren letzten Sonntag in Japan mit einer schnupfenden Nase, einem hartnäckigen Husten und einer Magenverstimmung im Bett. Mein Liebster versorgt mich mit mit Fruchtjoghurt, Bananen und Birnen, auf die ich einzig Appetit habe (wenn überhaupt). Ich hoffe, dass sich mein Akku bis morgen wieder aufgeladen hat. Denn dann reisen wir vom regnerischen Osaka weiter nach Tokyo, wo wir vor unserer Rückreise noch drei Tage verbringen werden.
Sayonara, itensai!