Sonntag, 24. Januar 2010

Revisited

Täglich speichern wir Erlebtes in zahlreichen Räumen unseres Hirns ab. Vergessen Geglaubtes lässt sich in unterschiedlichsten Situationen neu abrufen. Während unseres Lebens sammeln wir Erinnerungen. Seitdem ich meine Diagnose erhielt, mache ich mir immer wieder Gedanken zur eigenen Vergänglichkeit. Das Erinnern an mein bisheriges Leben rückt dabei vermehrt ins Zentrum.

Vor meinem inneren Auge spielen sich immer wieder Szenen aus meinem bisherigen Leben ab.
Neulich im KATALOG record Warehouse an der Weinbergstrasse. Beim Durchstöbern des LP Sortiments kam es mir vor, als würde ich einen musikalischen Streifzug durch meine Jugend machen. Da reihte sich Cover an Cover, die in meinem Hirn ein Beben von Erinnerungen an meine Teeniezeit auslösten, glückliche wie unglückliche. Ich liege auf dem Boden meines Teeniezimmers der 70er Jahre, umgeben von zahlreichen Platten. Beatles, Rolling Stones, Bob Dylan, Crosby, Stills, Nash & Young, Melanie...

Drei LP's aus meiner Jugend sind mir bis zum heutigen Tage aus sentimentalen Gründen erhalten geblieben:
"Abbey Road" The Beatles 1969 Meine erste Langspielplatte überhaupt! Mein Vater schenkte mir einen Gutschein des einzigen, hypen Musikgeschäfts vor Ort. Mit Kopfhörern, die aussahen wie Telefonhörer (und die man auch wie Telefonhörer ans Ohr hielt), liess ich mir an der Theke der Musikbar das Neueste vom Neuen abspielen. Mit den Beatles, die gerade den Fussgängerstreifen überqueren, tauchte ich musikalisch in andere Sphären. Da fühlte ich mich beinahe erwachsen...
"Get Year Ya-Ya's Out!" the Rolling Stones in concert 1970*

Ein gutes Jahr später schenkte unser Vater mir und meinem älteren Bruder die LP der rollenden Steine. Zuerst teilten wir uns die Platte wie vorgesehen, später wanderte sie definitiv in meine Plattensammlung. Mit den Rolling Stones tauchte ich in raue Musiksphären ab. Da fühlte ich mich schon ziemlich erwachsen...

Natürlich liess sich mein Vater im hypen Musikgeschäft beraten, denn zum Musikgeschmack seiner Kinder hatte er keinen Zugang. In seiner eigenen bescheidenen Plattensammlung beeindruckte mich aber schon als Sechsjährige ein Cover, das den Broadway bei Nacht zeigte:
"Brodway in Rhythm" Ray Conniff his orchestra and chorus 1958
Blink, blink, Amerika! Das Lichtermeer hinterliess bei mir einen bleibenden Eindruck. Es diente mir während meiner Ausbildung an der Kunstgewerbeschule sogar als Vorlage für einen Textilentwurf. In Erinnerung an meinen Vater ist mir diese LP erhalten geblieben, obwohl ich mich bis heute mit diesem Sound nie anfreunden konnte!

Wenn Sie schon immer Musik liebten, lohnt sich ein Besuch im Oldies-Plattenladen, um durch das "Tal der Erinnerungen" zu wandern. Sie werden sich wundern!

*Erst jetzt fällt mir das spezielle T-Shirt von Charlie Watts auf. Charlie Watts, eine BUSENfreundIn??